Wie prägt ein Studium in Lingen die eigene Entwicklung?
Florenz Walsch ist frisch gebackener Absolvent des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen (B.Sc.) an der Hochschule Osnabrück, hier in Lingen. Heute blickt er auf seine gesamte Studienzeit zurück. Im Interview erzählt er von seinen ersten Tagen als Ersti, was Lingen für Ihn besonders gemacht hat und wie ihn die Studienzeit persönlich geprägt hat. Ein ehrlicher Rückblick auf das Studium in Lingen, das WG-Leben, neue Freundschaften und das Ankommen in einem neuen Lebensabschnitt.
Florenz, erstmal herzlichen Glückwunsch zu deinem Bachelorabschluss und vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst und ein wenig an die Zeit in Lingen zurückdenkst.
Ja gar kein Problem. Es ist alles auch noch recht frisch, von daher erinnere ich mich noch recht gut an die meisten Situationen.
Erinnerst du dich noch an deinen ersten Tag in Lingen? Was ging dir damals durch den Kopf?
Mein erster Tag fiel direkt auf den Start der Einführungswoche. Ich habe mir vor allem Gedanken gemacht, wie ich möglichst schnell mit ein, zwei Leuten ins Gespräch komme, um einfach Anschluss zu finden. Gleichzeitig hatte ich aber auch Zweifel, ob ich überhaupt Gemeinsamkeiten oder Gesprächsthemen mit meinen zukünftigen Kommilitonen finden würde. Ich war gerade erst 19 geworden, mein Abitur lag nur ein paar Wochen zurück, und ich bin direkt danach an die Hochschule gekommen. In meinem Kopf hatte ich das Bild, dass viele andere vielleicht schon eine Ausbildung gemacht oder mehr Vorkenntnisse gesammelt haben – da hatte ich schon ein bisschen Sorge, dass die ersten Gespräche vielleicht schwierig werden könnten.
Wie war der Schritt, das erste Mal von zuhause auszuziehen – was war für dich besonders aufregend oder auch beängstigend?
Für mich persönlich war es anfangs schon ein bisschen beängstigend, in eine WG zu ziehen, ohne meine Mitbewohner vorher richtig kennengelernt zu haben. Es sind viele Fragen in meinem Kopf aufgekommen, wie: Wer sind diese Leute eigentlich? Und wie leben sie so? Das erste Mal in einen fremden Haushalt einzuziehen, fühlt sich definitiv wie ein neuer Lebensabschnitt an und braucht erstmal etwas Eingewöhnung. Besonders aufregend war für mich das Gefühl, zum ersten Mal ein eigenes Zuhause abseits vom Elternhaus zu haben. Gleichzeitig hat es mir viel Sicherheit gegeben zu wissen, dass meine Heimat nur eine Dreiviertelstunde entfernt ist. Das hat mir auf jeden Fall zusätzlichen Rückhalt und Stärke gegeben.
Wie hast du das Studentenleben in Lingen erlebt? Was macht es deiner Meinung nach besonders – oder auch herausfordernd?
Mein Studentenleben in Lingen habe ich eigentlich in zwei Phasen erlebt. Am Anfang waren meine Freunde und Kommilitonen eher zurückhaltend, sodass es eher selten vorkam, dass man nach den Vorlesungen noch zusammen etwas unternommen hat oder sich abends mal auf ein Getränk getroffen hat. Ab dem dritten Semester hat sich das aber verändert: Ich habe noch andere Leute kennengelernt, weil ich in einem Semester inhaltlich etwas hinterherhing – und mit ihnen habe ich mich auf Anhieb richtig gut verstanden. Durch diese neuen Kontakte sind dann auch viel mehr Freundschaften und Aktivitäten außerhalb des Studiums entstanden. Ich würde sagen, weil die Studiengänge in Lingen kleiner sind als an vielen anderen Unis oder Hochschulen, bildet sich manchmal schnell der Eindruck, dass sich feste Grüppchen entwickeln und man seine Wahl an Freunden schon getroffen hat. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es meistens nur so wirkt und dass man eigentlich jederzeit auf Leute zugehen und neue Bekanntschaften schließen kann.
Gibt es etwas an der Stadt oder am Campusleben, das du rückblickend besonders schätzen gelernt hast?
Was ich auf jeden Fall zu schätzen gelernt habe, ist, dass der Campus sehr persönlich ist. Egal, wo man sich aufhält, man trifft eigentlich immer jemanden, den man irgendwo schon mal gesehen hat. Dadurch kann man sich fast immer irgendwo dazustellen oder dazusetzen und einfach ins Gespräch kommen, weil man viele Gesichter kennt. Außerdem ist der Campus nicht so überlaufen, wie es vielleicht in anderen Städten der Fall ist. In der Mensa findet man eigentlich immer einen Platz und auch die Bibliothek ist nie komplett überfüllt. Für die Anzahl der Studierenden ist der Campus wirklich perfekt ausgelegt.
Welche Rolle haben Freundschaften, WG-Leben oder Campus-Events für dich gespielt?
Wie ich am Anfang schon erwähnt habe, war es so, dass in meinem Studiengang anfangs eher wenige Leute wirklich aktiv auf die Campus-Events gegangen sind. Deshalb brauchte ich auch erstmal eine gewisse Eingewöhnungszeit, in der mir meine WG aber echt sehr geholfen hat. Da wir alle studiert haben, habe ich in den ersten Semestern viel mit meinen Mitbewohnern unternommen und bin mit ihnen zusammen zu Partys oder anderen Events auf dem Campus gegangen. Das war wirklich richtig cool. Rückblickend kann ich sagen, dass mir die WG den Einstieg ins Studentenleben deutlich leichter gemacht und mich überhaupt erst richtig auf die ganzen Campus-Angebote aufmerksam gemacht hat.
Wenn du heute auf die letzten vier Jahre zurückblickst: Wie würdest du sagen, hat sich deine Persönlichkeit verändert? Was hast du über dich selbst gelernt, während du allein gelebt und studiert hast? Gibt es Eigenschaften oder Fähigkeiten, die du während deiner Zeit in Lingen entwickelt hast, die dir vorher gefehlt haben?
Das Studentenleben hat es mir auf jeden Fall leichter gemacht, mit neuen Menschen ins Gespräch zu kommen, mich zu unterhalten und auch gemeinsame Themen zu finden, die viele interessieren. Außerdem habe ich in dieser Zeit über mich selbst gelernt, dass ich auch gut damit klarkomme, mal allein zu sein. Gerade in der Prüfungsphase, wenn wichtige Klausuren anstanden, habe ich oft tagelang alleine gelernt und hatte dann wenig Kontakt zu meinen Kommilitonen. Damit bin ich aber erstaunlich gut zurechtgekommen – und es hat mir gezeigt, dass ich es auch genießen kann, einfach mal Zeit nur für mich zu haben.
Welche Herausforderungen hast du in den ersten Monaten nach deinem Umzug erlebt, und wie hast du diese gemeistert?
Was für mich tatsächlich am schwierigsten war, war, meine Mahlzeiten vernünftig zu planen. Zuhause war ich zwar gewohnt, mir immer mal wieder selbst etwas zu kochen, und das auch relativ regelmäßig. Aber im Vergleich dazu, sich jeden Tag komplett selbst um Frühstück, Mittag- und Abendessen zu kümmern – und dabei vielleicht auch mal darauf zu achten, etwas mit ein paar Vitaminen zu essen und nicht nur Nudeln mit Pesto – das war doch deutlich schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich weiß noch, dass ich am Anfang eigentlich jeden Tag im Supermarkt war, weil ständig irgendwelche Kleinigkeiten gefehlt haben, die man zuhause einfach immer da hatte.
Gibt es eine Erfahrung oder ein Ereignis während deines Studiums, das dich nachhaltig geprägt hat?
Am Anfang war ich oft ziemlich unsicher, was Aufgabenstellungen und die Vorbereitung auf Klausuren oder Präsentationen anging. Mit der Zeit habe ich aber gemerkt, dass man ruhig hinter dem stehen darf, was man erarbeitet hat. Auch wenn es mal nicht für eine besonders gute Note gereicht hat, bedeutet das nicht, dass man ungeeignet fürs Studium ist oder sich Vorwürfe machen muss. Man hat sich trotzdem intensiv mit einem Thema auseinandergesetzt – und genau das zählt am Ende.
Wenn du deinem „Ich“ von vor vier Jahren einen Rat geben könntest – was würdest du ihm sagen?
Wenn ich meinem Ich von vor vier Jahren etwas sagen könnte, dann wäre es wahrscheinlich: Lern noch mehr Leute kennen – vor allem am Anfang des Studiums hätte ich mir gewünscht, noch offener auf andere zuzugehen. Außerdem würde ich mir raten, nicht ganz so oft am Wochenende nach Hause zu fahren. Stattdessen hätte ich lieber öfter Freunde aus der Heimat nach Lingen eingeladen, um ihnen mein neues Leben hier zu zeigen und eine Verbindung zwischen Heimat und Studentenleben zu schaffen. Und vielleicht würde ich noch hinzufügen: Klar, das Studium ist wichtig – aber gerade in den ersten Semestern muss es nicht immer an erster Stelle stehen. Viel wichtiger ist es erstmal, anzukommen, sich selbst neu kennenzulernen und mit den neuen Situationen vertraut zu werden.
Wenn du neuen Studierenden einen Tipp mit auf den Weg geben dürftest, die gerade in Lingen starten, welcher wäre es?
Vieles von dem, was ich mir selbst vor vier Jahren gesagt habe, würde ich heute auch neuen Erstsemestern mit auf den Weg geben. Ergänzend dazu würde ich auf jeden Fall empfehlen, alle Angebote mitzunehmen, die einem als neuer Student gemacht werden. Gerade in den Vorlesungen gibt es oft zusätzliche Seminare oder Tutorien – solche Angebote kann ich wirklich nur empfehlen, neben den bereits erwähnten Campus-Events.
Was wirst du an Lingen vermissen – und worauf freust du dich in deiner nächsten Lebensphase?
Am meisten werde ich die lockere, fast schon familiäre Atmosphäre vermissen. Nachdem man sich einmal richtig eingelebt hatte, war es wirklich eine schöne Zeit, auf die ich immer positiv zurückblicken werde. Für die Zukunft freue ich mich jetzt auf mein Masterstudium, das ich im Winter beginnen möchte. Besonders gespannt bin ich darauf, nochmal einen neuen Start zu haben, viele neue Dinge kennenzulernen und vielleicht auch einiges, was ich in den ersten Semestern meines Bachelors heute anders machen würde, diesmal anders anzugehen.
Wenn du Lingen in einem Satz beschreiben müsstest, wie würde der lauten?
Spontan fallen mir zwei echte Klassiker ein. Zum einen natürlich „Klein, aber fein.“ Und zum anderen „Ein gutes Pferd springt nicht höher, als es muss.“ Lingen ist vielleicht keine Weltstadt und auch nicht Heimat der größten Hochschule Deutschlands – aber trotzdem kann man hier als Student durch alle Semester eine richtig schöne Zeit erleben, mit vielen Angeboten von der Hochschule selbst oder von den Fakultäten organisiert. Das Studium findet in einem Umfeld statt, das ich als sehr familiär empfinde – ein Ort, an dem jeder ein offenes Ohr für den anderen hat.
Okay, vielen Dank Florenz, das waren alle Fragen, die ich mitgebracht habe. Du kannst gerne das letzte Wort haben und auch für dich vielleicht einen kurzen Abschluss finden.
Abschließend kann ich sagen, dass ich meine Zeit in Lingen wirklich sehr genossen habe und sie mich in vielerlei Hinsicht geprägt hat. Ich bin dankbar für die Erfahrungen, die Freundschaften und die Möglichkeiten, die das Studium mir geboten hat. Natürlich fällt der Abschied nicht ganz leicht, aber ich freue mich jetzt auf die neuen Herausforderungen, die vor mir liegen – und bin gespannt, was die nächste Etappe für mich bereithält.
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