Offline in einer Online-Welt – Wenn Armut digital ausschließt

Während der Onlinevorlesung herrscht plötzliche Stille. Der Prof bewegt sich nicht mehr und auf einmal die Fehlermeldung

„Verbindung nicht möglich. Stellen Sie sicher, dass Sie mit dem Internet verbunden sind.“

Während viele Studierende problemlos zwischen Zoom Konferenzen, E-Learning, Cloud und KI-Tools jonglieren, kämpfen andere schon mit den Grundlagen: schwache Internetverbindungen, veraltete Geräte oder kein ruhiger Platz zum Lernen. Armut zeigt sich längst nicht mehr nur auf dem Konto, sondern auch vor dem Bildschirm.

Der Begriff „Digital Divide“ beschreibt die ungleiche Verteilung von Zugang und Nutzung digitaler Technologien. Digital Divide betrachtet das Problem auf drei verschiedenen Dimensionen: Zuerst einmal den Zugang zur digitalen Welt. Wer hat überhaupt Internet, Geräte, WLAN und Strom?

Weitere Hürden, die in den beiden weiteren Dimensionen folgen, sind die Kompetenz und Teilnahme. Wer verfügt über ausreichende digitale Bildung und Medienkompetenz, um zurecht zu kommen, alles effektiv zu nutzen und sich wirklich beteiligen zu können.

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Warum das mit Armut zu tun hat?

Armut beeinflusst den digitalen Zugang auf mehreren Ebenen: Wenn finanzielle Möglichkeiten fehlen, um sich einen Laptop, ein modernes Smartphone oder einen Internetvertrag leisten zu können, wird einem der Zugang von vornherein stark eingeschränkt oder sogar verwehrt. Hat man vielleicht ein paar technische Geräte und die nötigen Voraussetzungen um sie nutzen zu können, heißt das noch nicht, dass man nicht mehr betroffen ist. Vielen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, unter anderem auch Menschen aus finanziell schwachen Haushalten, fehlen digitale Kompetenzen, um ihre Technik effizient nutzen zu können.

Dies führt zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Folgen:

Digitale Ausgrenzung wird zum Verstärker sozialer Ungleichheit. Wer offline ist, hat schlechtere Chancen auf Bildung, Jobs, Teilhabe und Informationen. Auch in Deutschland ist der Digital Divide kein Randphänomen. Es gibt immer noch zahlreiche Haushalte ohne stabilen Internetzugang. Bildungsferne Haushalte und Haushalte mit niedrigem Einkommen sind hierbei besonders betroffen.

Wie beeinflusst der Digital Divide uns Studierende?

Gerade im Hochschulkontext wird das sichtbar. Nicht jede*r kann sich ein leistungsstarkes Gerät leisten. Die vermehrt vorkommenden digitalen Lehrformate setzen diese technische Ausstattung jedoch voraus. Genauso wird auch ein privater, ruhiger Rückzugsort benötigt, um effizient teilnehmen zu können. Diese Faktoren verschärfen die Bildungsungleichheit an Universitäten.

Selbst wenn Universitäten und Hochschulen Geräte und WLAN bereitstellen, unterscheiden sich die Studentinnen und Studenten in ihren persönlichen Fähigkeiten teilweise enorm. Wer in einem Haushalt ohne regelmäßige Computernutzung aufgewachsen ist, hat häufig weniger Routine im Umgang mit Software, Online-Recherchen oder Verwendung diverser Datei-Typen. Diese Unterschiede wirken subtil, machen sich aber dauerhaft unterschwellig bemerkbar. Das Umwandeln einer Word-Datei in eine pdf-Datei, oder eine pdf zu bearbeiten sind Arbeitsschritte, welche für viele in wenigen Sekunden erledigt sind. Andere wiederum müssen dafür erst im Internet recherchieren oder Kommilitonen oder Kollegen um Hilfe bitten, um überhaupt weiterarbeiten zu können.

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Ein großer Unterschied entsteht jedoch nicht nur bei den Kompetenzen und technischen Fähigkeiten der einzelnen Studierenden, sondern bei den finanziellen Unterschieden in der Ausstattung. Diese Unterschiede in der technischen Ausstattung und den digitalen Ressourcen führen dazu, dass Studierende unter sehr unterschiedlichen Bedingungen lernen. Wer einen schnellen Laptop, mehrere Monitore oder die neueste Software besitzt, kann effizienter recherchieren, schreiben und an Online-Seminaren teilnehmen. Andere hingegen kämpfen mit veralteter Technik, ständigen Abstürzen oder fehlender Software und verlieren dadurch Zeit, Nerven und oft auch Motivation.
So wird digitale Leistungsfähigkeit zunehmend zu einer sozialen Frage: Nicht nur Fleiß oder Begabung entscheiden über den Studienerfolg, sondern auch, wie gut jemand technisch ausgestattet ist und damit letztlich, welche finanzielle Sicherheit dahintersteht.

Wer ist noch vom Digital Divide betroffen?

Beim Digital Divide geht es allerdings um mehr als nur uns Studierende. Es geht vor allem um soziale Ausgrenzung von Randgruppen. Zum einen diejenigen, die keine finanziellen Möglichkeiten haben an der Kommunikation im Netz oder der digitalen Welt im Allgemeinen teilzunehmen. Zum anderen werden aber auch ältere Menschen, denen die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Geräten und dem Internet fehlen jeglicher Zugang verwehrt.

Ein zentraler Aspekt der digitalen Ausgrenzung älterer Menschen liegt in der erschwerten oder fehlenden Teilhabe an digitalen Informations- und Serviceangeboten. In den letzten Jahren hat sich in nahezu allen Lebensbereichen eine starke Digitalisierung öffentlicher und privater Dienstleistungen vollzogen. Von Behördengängen über Gesundheitsversorgung bis hin zu Bank-, Versicherungs- und Einkaufsangelegenheiten.

Für Personen, die digitale Technologien nicht nutzen können oder wollen, entstehen dadurch zunehmend Zugangshürden, die ihre gesellschaftliche Teilhabe einschränken. Diese mögen am Anfang klein erscheinen. Die ältere Dame braucht zum Beispiel nicht zwingend die Supermarkt-App um ein paar Euro oder Cents zu sparen, doch es wird ihr trotzdem verwehrt, da es keine Alternative gibt. Größer werden die Auswirkungen dann in anderen Situationen. Online-Anträge für Renten-, Pflege- oder Sozialleistungen ersetzen immer häufiger papierbasierte oder persönliche Verfahren. Informationen zu Fristen, Formularen und Zuständigkeiten sind oftmals ausschließlich oder primär online abrufbar. Die Kommunikation erfolgt zunehmend über digitale Plattformen oder E-Mail, was analoge Alternativen verdrängt. Auch im Gesundheitsbereich führt die Digitalisierung zu Ungleichheiten. Dadurch entstehen Versorgungsdefizite. Ältere Personen verpassen Vorsorge- oder Behandlungsmöglichkeiten oder greifen auf veraltete Informationsquellen zurück.
Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigte, dass ältere PatientInnen, die digitale Gesundheitsdienste nicht nutzen können, signifikant seltener präventive Untersuchungen wahrnehmen und sich subjektiv schlechter über ihre Gesundheit informiert fühlen. Link zur Studie

Digital Divide begleitet alle im Alltag

Zusammengefasst ist der Digital Divide kein Randphänomen, er durchzieht unseren Studienalltag und die Gesellschaft als Ganzes. Wer keinen Zugang zu stabiler Technik, ausreichend Kompetenzen oder einem geeigneten Lernumfeld hat, startet mit einem Nachteil, egal, wie motiviert oder talentiert jemand ist. Besonders Menschen aus einkommensschwachen Haushalten und ältere Personen zahlen den Preis für eine fortschreitende Digitalisierung.

Wenn Hochschulen, Politik und Gesellschaft digitale Angebote ausbauen, müssen sie auch Barrieren abbauen. Durch kostenlose oder günstige Geräte und Internetzugänge, Lernangebote für digitale Kompetenzen und analoge Zugangswege, weil digital nicht für alle funktioniert. Damit die digitale Inklusion funktionieren kann, müssen also noch weitere Vorkehrungen getroffen werden. Diese dürfen allerdings nicht vernachlässigt werden.

Digitalisierung darf nicht zur neuen sozialen Grenze werden. Sie kann nur dann Fortschritt bedeuten, wenn sie alle mitnimmt – Unabhängig von Einkommen, Alter oder Herkunft. Sie verlangt Verantwortung und Aufmerksamkeit. Nur wenn bei der Digitalisierung auch sozial gedacht wird, kann Teilhabe für alle möglich sein.

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