Paragraph 219 – Warum wir uns endlich davon verabschieden sollten
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27. August 2021August:ine – Die Rolle der Frau in anderen Ländern
TRIGGERWARNUNG: In diesem Bericht werden Themen wie sexuelle Gewalt und Missbrauch angesprochen. Wenn es euch schwerfällt, mit diesen Themen umzugehen, solltet ihr den folgenden Artikel nicht lesen.
Wie wir in diesem Monat erfahren konnten, sind Feminismus und die Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland bereits Themen, die uns oft begegnen und im Alltag begleiten. Das ist auch wichtig und richtig.
Und obwohl Frauen und Männer selbst in einem weit entwickelten Land wie Deutschland noch nicht gleichgestellt sind, gibt es viele andere Länder auf der Welt, in denen es Frauen um einiges schlechter geht als bei uns.
Afghanistan, Jemen, Irak, Syrien, Tschad, Saudi-Arabien und Indien…
…sind unter den 15 Ländern mit der schlechtesten Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Das ergab der jährliche Global Gender Gap Index Report 2021. Jedes Jahr wird anhand der Kriterien „Wirtschaftliche Teilhabe und Möglichkeiten„, „Bildung und Zugang zu Bildung“, „Gesundheit und Überleben“ und „Politische Teilhabe“ gemessen, wie weit wir im Thema Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern sind. Auf Platz 1 des Indexes steht Island, Deutschland schafft es „nur“ auf Platz 11.
PARADEBEISPIEL: INDIEN
Indien ist das beste Negativbeispiel, wie man Gender Equality nicht angehen sollte. Die Diskriminierung beginnt hier häufig schon, bevor ein Mädchen überhaupt zur Welt gebracht wird.
Mädchen stellen für indische Familien eine große Last dar.
In Indien gibt es die jahrelange Tradition der Mitgift. Um ein Mädchen verheiraten zu können, muss eine Familie oft sehr hohe Forderungen des Bräutigams erfüllen. Das bedeutet, wer eine Tochter hat, muss Geld und Eigentum an die Familie des Mannes zahlen. Grund dafür ist, dass man sich als Frau glücklich schätzen und Dankbarkeit zeigen sollte, wenn man in die Familie eines Mannes aufgenommen wird. Diese Dankbarkeit zeigt man durch die Mitgift.
Solche Zahlungen belasten eine Familie häufig sehr stark, weshalb pro Jahr Schätzungen zufolge drei bis vier Millionen weibliche Föten gezielt abgetrieben werden.
Mädchen haben weniger Zugang zu Bildung als Jungen.
Seit 2009 gibt es in Indien ein Grundrecht auf Schulbildung für jedes Kind im Alter zwischen 6 und 14 Jahren. Deshalb findet sich in dieser Altersklasse meist ein gleicher Anteil von Mädchen und Jungen in Schulen. Allerdings ist die Abbrecherquote von Mädchen um einiges höher als bei Jungen, wenn es um den Besuch einer weiterführenden Schule geht. Rund 40 Prozent der indischen Mädchen verlassen die Schule vor Beginn der fünften Klasse.
Das liegt vor allem daran, dass die Bildung der Söhne eine höhere Anerkennung und Priorität hat als bei Mädchen. Diese sollen schon früh auf die Rolle als Hausfrau vorbereitet werden, wofür eine höhere Ausbildung nicht nötig sei.
Sexuelle Übergriffe auf Mädchen und Frauen
Ein weiterer Grund, weshalb Mädchen ab einem gewissen Alter nicht mehr zur Schule geschickt werden, ist die Angst vor sexueller Gewalt, Missbrauch und Vergewaltigung. Nach einer Umfrage von Human Rights Watch werden 7200 Minderjährige jährlich in Indien vergewaltigt und erfahren zudem Diskriminierung, Demütigung und falsche Behandlung durch die Polizei. Täglich werden in Indien mehr als 100 Vergewaltigungen angezeigt, die Dunkelziffer möchte man sich gar nicht erst ausmalen. Außerdem werden Mädchen und junge Frauen häufig Opfer von Menschenhandel und Prostitution.
Zwangsheirat
90 Prozent aller indischen Ehen werden von den Eltern des Brautpaars arrangiert, davon ist laut dem Uno-Kinderhilfswerk Unicef jedes fünfte Mädchen minderjährig. Von der meist unfreiwillig verheirateten Frau wird erwartet, den Haushalt der Schwiegermutter weiterzuführen, den Erwartungen des Ehemanns gerecht zu werden und Dankbarkeit gegenüber der Schwiegerfamilie zu zeigen.
Gewalt gegen Frauen
Häusliche Gewalt gegen Frauen findet meist statt, wenn sich die Frau nicht angemessen verhält oder der Familie der Frau vorgeworfen wird, nicht genügend Mitgift zu zahlen. Frauen werden lebendig verbrannt, danach wird der Mord als „Küchenunfall“ betitelt. Zudem werden Frauen häufig durch ihre Schwiegerfamilien misshandelt, sowohl emotional als auch körperlich. Dadurch begehen viele Frauen Suizid.
Nicht nur in Indien ist es schwer, eine Frau zu sein.
Indien ist ein großes Land mit vielen Menschen, weshalb es bei der Recherche für diesen Artikel besonders leicht war, Informationen über die Rolle der Frau in Indien zu finden. Nichtsdestotrotz finden die oben genannten Probleme auch in vielen anderen Teilen der Welt statt. Vor allem in Regionen in Ostasien, Afrika und in der islamistischen Welt erfahren Frauen täglich Demütigung, Gewalt und Unterdrückung.
Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen, Ehrenmorde aufgrund von „Fehlverhalten“, Frauenhandel und häusliche Gewalt sind nur ein Bruchteil der Gefahren, denen Frauen in anderen Ländern der Welt täglich ausgesetzt sind.
Was können wir tun?
Es gibt zahlreiche Hilfsorganisationen und Spendenseiten, die Mädchen und Frauen in anderen Teilen der Welt unterstützen und sich für sie einsetzten. Hier eine kleine Auswahl:
- Plan.de: Hier könnt ihr mit eurer Spende gezielt Mädchen helfen, die in Asien, Afrika und Lateinamerika stark benachteiligt werden. Man hat außerdem die Möglichkeit, eine Patenschaft für ein Mädchen zu übernehmen. (P.S.: Natürlich gibt es das ganze auch für Jungs!)
- Unicef: Auch Unicef bietet die Möglichkeit, Mädchen zu unterstützen. Es werden beispielsweise Schulclubs nur für Mädchen gefördert, um einen besseren Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
- TERRE DES FEMMES: Die feministische Organisation setzt sich für Frauenrechte auf der ganzen Welt ein und arbeitet gezielt daran, Frauen und Mädchen ein freies Leben zu gewährleisten. Durch Aufklärung der Öffentlichkeit und Lobbyarbeit für die Verwirklichung der Menschenrechte von Mädchen und Frauen versucht die Organisation unter anderem, ihre Ziele zu erreichen. Unterstützen kann man durch aktive Mithilfe und Beitreten der Organisation sowie durch Spenden.
- Femnet e.V.: Setzt sich für die Stärkung von Frauen in der Politik ein. Zudem versucht die Organisation, die Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen in der Bekleidungsindustrie zu verbessern.
Fazit
Also: So sehr ich augenrollend meine „Wir-brauchen-Feminismus-Argumente“ zurückhalte, wenn wieder jemand behauptet, Feminismus sei Männerhass und das Gendern zerstöre unsere Sprache, so muss sich jede:r trotzdem darüber bewusst sein, wie weit wir in Deutschland bereits sind, dass wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen dürfen.