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25. Juni 2025Handwerk – Tradition trifft Zukunft

Wie ein Dorstener Familienbetrieb das Handwerk am Leben hält
Wenn morgens das erste Licht durch die Fenster der Werkhalle fällt, hört man schon das Surren der Maschinen. Zwischen Funkenflug und präziser Handarbeit steht das Familienunternehmen, das nicht nur Metall, sondern auch Generationen miteinander verbindet.
Die August Preuss GmbH ist ein mittelständischer Metallbaubetrieb mit Sitz in Dorsten. Geführt von Christian und Kirsten Müller, verbindet das Unternehmen nun schon über 100 Jahre Innovation mit Tradition. Zusammen meistern sie den Spagat zwischen familiärer Verbundenheit und den Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitswelt.

100 Jahre Handwerk
Die Wurzeln der August Preuss GmbH reichen bis ins Jahr 1923 zurück. In Gladbeck gegründet, begann alles mit einer Schmiede und Schlosserei. Damals entstanden hier vor allem Geländer und Schmiedeteile, gefertigt mit klassischer Handwerkskunst. Doch wie das Handwerk selbst, entwickelte sich auch das Unternehmen über die Zeit stetig weiter.
Mit dem wachsenden Bedarf an stabilen Stahlkonstruktionen erweiterte die Firma ihre Produktpalette in Richtung Stahlbau und wandelte sich zur GmbH. Mit dem Niedergang des Bergbaus war eine Neuausrichtung nötig. Der damalige Inhaber Werner Preuß strukturierte den Betrieb um, sodass er zu einem Zulieferer von Großindustrien wurde. Nach einer über 30 Jahre lang andauernden Suche nach einem Nachfolger wurde die Firma schließlich 1991 an einen Gesellen des Hauses übergeben. Mit dem Generationswechsel kam es zu dem Umzug von Gladbeck nach Dorsten. 2008 erfolgte dann ein weiterer Umzug an die Gelsenkirchener Straße 68 in Dorsten, wo die August Preuss GmbH bis heute ansässig ist. Der Betrieb vergrößerte sich auf 2500 qm2 Hallenfläche und 4000 qm2 Außenfläche.
Spätestens mit dem Einstieg von Christian Müller im Jahr 2017 begann eine neue Ära. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Kirsten übernahm er die Geschäftsleitung, mit dem Ziel eines Zusammenspiels von Tradition und Zukunft. Gemeinsam modernisierten sie den Maschinenpark und fusionierten die Firma „Metalltechnik Müller GmbH“ mit der August Preuss GmbH, die neue Kompetenzen, Technik und Produkte mitbrachte. Die Produktpalette wuchs. Neben Toren und Türen für industrielle Anlagen werden heute auch Schallhauben, Kantteile, Luftkanäle und Isolierbleche gefertigt.
Seit 2021 bedient das Unternehmen zusätzlich den Privatkundenbereich mit maßgefertigten Treppen, Geländern, Verkleidungen, Garten- und Garagentoren. Möglich machte das unter anderem der leistungsstarke „Laser GS 150300 FL 3000 W“, ein Symbol für den Wandel der Firma von traditioneller Metallverarbeitung zu moderner Manufaktur. Was als kleiner Handwerksbetrieb begann, hat sich über Jahrzehnte hinweg zu einem verlässlichen Partner für hochwertige Metallverarbeitung entwickelt.

Handwerk in Familienhand
Doch das Besondere an der August Preuss GmbH ist nicht nur das Handwerk selbst, sondern auch die Art, wie dort gearbeitet wird, und zwar im engsten Familienkreis. Christian Müller führt das Unternehmen gemeinsam mit seiner Ehefrau Kirsten, unterstützt werden die beiden von Tochter Isabel, die seit einigen Monaten als Juniormanagerin mit an Bord ist. Entscheidungen werden in diesem Team nicht hinter verschlossenen Türen getroffen, sondern im direkten Austausch, oft auch am Küchentisch.
„Natürlich vermischen sich Privatleben und Beruf. Das lässt sich nicht immer trennen“, sagt Kirsten Müller offen. Gerade das mache den Umgang aber auch besonders. Diskussion verlaufen manchmal anders, als sie es in rein geschäftlichen Beziehungen täten. „Aber genau das ist unsere Stärke“, ergänzt Isabel Müller. „Wir haben ein tiefes Vertrauensverhältnis. Wir wissen genau, wie der oder die andere denkt, wo seine oder ihre Stärken liegen und Grenzen sind.“ Diese enge Bindung macht das Arbeiten effizienter, aber auch emotionaler. Denn für die Familie Müller steht weit mehr auf dem Spiel als ein bloßer Unternehmenserfolg. Es geht um ein Lebenswerk, um Altersvorsorge, Verantwortung und letztlich auch um das Auskommen der 14 Mitarbeitenden.
„Ein Familienunternehmen zu führen bedeutet, für eine ganze Reihe von Existenzen mit einzustehen“, betont der Geschäftsführer. „Da zählt nicht nur Wirtschaftlichkeit, sondern vor allem Zusammenhalt.“ Und genau dieser Zusammenhalt ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein wichtiger Grundbaustein. Denn wo andere Firmen mit wachsender Anonymität kämpfen, punktet die August Preuss GmbH mit einem klaren Miteinander. „Wir sind ein eingespieltes Team, dass sich gegenseitig unterstützt und zusammen wächst.“, betont Kirsten Müller, Prokuristin der Firma.
Tradition trifft Innovation
Die Firma ruht sich nicht auf ihrem Erbe aus. Wer meint, es würde noch mit Hammer und Amboss allein gearbeitet, liegt daneben. Digitalisierung und technischer Fortschritt sind längst Teil des Arbeitsalltags geworden. „Wir sind ein klassischer Handwerksbetrieb, wir arbeiten mit den Händen und das ist auch gut so“, sagt Christian Müller. „Aber wir wissen, dass wir nicht stehenbleiben dürfen.“ Große Maschinenparks oder vollautomatisierte Abläufe, wie sie in der Industrie üblich sind, kann sich ein mittelständischer Betrieb nicht ohne Weiteres leisten. Doch gerade deshalb wird genau hingeschaut, was wirklich Sinn ergibt.
Bei der August Preuss GmbH treffen ebenfalls einige Generationen aufeinander und so musste sich auch Kirsten Müller bei ihrem Einstieg in die Firma erst einmal an die Digitalisierung anpassen: „Ich stamme aus einer Generation, die noch mit Papier gearbeitet hat und jetzt streben wir zum digitalen Büro. Das war zu Beginn natürlich eine riesengroße Herausforderung für mich.“. Wichtig ist dem Ehepaar Müller dabei, dass die Digitalisierung das Handwerk unterstützt, aber es nicht ersetzt. Prozesse im Büro oder in der Projektplanung können digitaler werden. Doch wenn es um die Umsetzung und Qualitätssicherung geht, bleibt die Arbeit individuell und handgemacht. „Die Qualität steckt im Können, nicht nur in der Technik“, betont Herr Müller.

Herausforderungen der Arbeitswelt
Doch auch ein gut geführtes Unternehmen, ist nicht immun gegen die Herausforderung, mit denen viele Handwerksbetriebe aktuell konfrontiert sind. Die wirtschaftliche Unsicherheit ist groß und die Planbarkeit gering. Ob Corona, Energiekrise oder globale Konflikte: „Es gibt immer neue Ereignisse, auf die wir uns einstellen müssen“, betont Kirsten Müller. „Früher hat man langfristig geplant und heute plant man vorsichtig.“
Gerade als kleines mittelständisches Unternehmen trifft es sie besonders hart. Während Konzerne über größere finanzielle Subventionen und stabilere Netzwerke verfügen, stehen familiengeführte Betriebe oft allein im Sturm. „Wir können nicht wie Großunternehmen auf jede Krise mit Investitionen oder Rücklagen reagieren. Wir müssen für jeden Auftrag hart arbeiten und immer damit rechnen, dass etwas Unvorhergesehenes kommt“, erklärt die Juniormanagerin Isabel Müller. Diese Unsicherheit kostet nicht nur Nerven, sondern auch Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft. „Es fühlt sich manchmal so an, als müssten wir mehr kämpfen als andere, obwohl wir genauso systemrelevant sind“, ergänzt Isabel Müller. Unterstützung von politischer Seite? Fehlanzeige. Viele Betriebe in der Branche teilen diese Erfahrung.
Handwerk-Fachkräfte dringend gesucht
Mindestens genauso schwer wie die wirtschaftliche Lage wiegt der Fachkräftemangel. Junge Menschen für das Handwerk zu begeistern, wird zu Herausforderung. Dabei steckt gerade hier so viel Potenzial. „Handwerk ist kein Auslaufmodell, es ist ein Beruf mit Zukunft“, sagt Kirsten Müller. „Aber das muss auch gesellschaftlich wieder stärker vermittelt werden.“ Deshalb investiert das Unternehmen nicht nur in Technik, sondern vor allem in Menschen. Eine gesunde Teamdynamik, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, gemeinsame Aktivitäten und eine faire Bezahlung gehören zum Selbstverständnis der Firma. Das Ziel ist ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das motiviert.
Neue Mitarbeitende kommen oft über persönliche Kontakte, Freundinnen und Freunde, Bekannte oder Verwandte von Kolleginnen und Kollegen. „Das zeigt, wie sehr das Vertrauen bei uns zählt“, sagt Kirsten Müller. „Aber auch, wie schwer es ist über klassische Wege neue Leute zu finden.“ Denn eins ist klar: Ohne Nachwuchs, keine Zukunft. Das Handwerk braucht Menschen, die mit anpacken und Betriebe, die ihnen zeigen, dass sich genau das lohnt.

Ein Blick in die Zukunft im Handwerk
Die August Preuss GmbH soll auch in Zukunft ein Ort bleiben, an dem Qualität, Verlässlichkeit und Handwerkskunst im Mittelpunkt stehen. Tradition bedeutet für sie nicht Stillstand, sondern Erfahrung, die sich bewährt hat. Gleichzeitig will sich das Unternehmen auf organisatorischer, kommunikativer und wirtschaftlicher Basis weiterentwickeln. Und dabei soll stets gelten: Innovation ja, aber nicht um jeden Preis. „Im Handwerk sind es die Menschen, ihre Fähigkeiten und ihr Feingefühl, die das Produkt einzigartig machen und keine Maschine kann das ersetzen“, betont der Geschäftsführer abschließend.
Mit einem jungen Team, klaren Werten und einer gelebten Familienstruktur blickt die August Preuss GmbH, trotz aller Herausforderungen zuversichtlich nach vorne. Handwerk hat Zukunft, wenn man sie gestaltet.

Kontakt
August Preuss GmbH
Gelsenkirchener Straße 68
46282 Dorsten
Mehr Informationen auf der Website: