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25. August 2025Inklusiv? Taylor Swifts Schweigen, White Feminism und Rassismusvorwürfe (Misogynoir) – Teil 1

Inklusiv? Taylor Swifts Schweigen, White Feminist und Rassismusvorwürfe (Misogynoir)
Das neue Album von Taylor Swift wurde lange und sehr präsent angekündigt, doch die Swifty-Community und die Musikbranche betrachtet es kritisch. Taylor Swift wird Gier und White Feminism vorgeworfen und die neuen Lieder biedern sich einer politischen Richtung an, mit der sich Swifties nicht identifizieren. Auch die Stimmen der POC-Community werden lauter. Sie merkt an, dass Taylor Swifts Position und Erfolg Rassismus gegenüber schwarzen Frauen (Misogynoir) stärkt.
Beeindruckend oder krankhaft? - Die Swifties
Taylor Swifts Community, die sich selbst Swifties nennen, ist beispiellos. Meistens junge Frauen, die sich der Popikone nah fühlen, international zueinander und zu Swift stehen und bereit zu sein scheinen, jeden Preis für ein Konzertticket zu zahlen. Taylor Swift füllt bei ihren Konzerten Hallen mit Besuchern bis in den hohen 5-stelligen Bereich. Von den Swifties können sich so manche Fußballveranstaltungen etwas abgucken, denn trotz der vollen Hallen gibt es keine nennenswerten Übergriffe oder Eskalationen.
Der Fangemeinde wird allerdings ein fanatisches, gar obsessives Verhalten vorgeworfen. ntv spekuliert, ob Taylor Swift jungen Menschen das gibt, was die Kirche nicht mehr tut – dabei würden die Kreuze mit Freundschaftsarmbändern getauscht. Swifties analysieren Songtexte, Posts und Aussagen und suchen nach Eastereggs. Dieses Verhalten ist eines der Gründe, warum besonders das neue Album kritisiert wird.
Absicht oder zu viel Interpretation der Fans? - Meinungen zu „The Life of a Showgirl“
Was ist anders an dem Album „The Life of a Showgirl“? In der Podcastfolge „Warum sich das Internet gegen Taylor Swift wendet“ (Podcast „The Daily Debrief“) erläutert London24 anschaulich, wie sich das neue Album von den vorherigen unterscheidet und warum es in der Kritik steht. So inklusiv und unterstützend die Swifties sein sollen, so zeigt sich innerhalb der Swifty-Community, und außerhalb erst recht, dass Kritik nur leicht verdaulich geäußert wird, bspw. mit der Aussage, dass man das Album noch lieben lernen würde. Die Swifties spenden nicht nur viel Aufmerksamkeit und Zeit für ihr Idol, sondern auch viel Geld für die Produkte rund um Taylor Swift. Und trotzdem sind die Swifties geteilter Meinung über das neue Album – ein neues Phänomen für die Community. Sogar die taz schreibt: „Kritik an der Marke Taylor Swift: Die Entzauberung eines Popstars“.
Einige Swifties sind von der Qualität der Lieder enttäuscht, sowohl textlich als auch musikalisch. Die Lieder würden klingen wie von KI geschrieben. Es sei das schlechteste Album – so die O-Töne aus dem Podcast „From boom to backlash: has Taylor Swift lost her touch?“ von Today in Focus. Während andere Swifties in den neuen Liedern eine Metaebene für Swifts Botschaft erkennen, wie London24 erklärt. Nach ihrem riesigen Erfolg mit der Eras Tour solle „The Life of a Showgirl“ nun zeigen, dass auch Stars mit mentalen Problemen zu kämpfen haben.
Neben der künstlerischen Kritik sehen Fans auch kapitalistische Motive und formulieren den Titel des Albums satirisch um: „The Death of a Showgirl – The Life of a Capitalist“.
Ist Swift tatsächlich feministisch oder ist es nur PR?
Taylor Swift bezeichnet sich selbst als Feministin und behandelt feministische Themen in ihren Liedern z. B. The Man und Mad Woman. Spätestens seit dem El Hotzo-Skandal hat das Internet aber schmerzlich festgestellt, dass Feminismus sich als PR-Strategie eignet und missbraucht werden kann.
Bei feministischen Themen muss immer betrachtet werden, wer sich öffentlich präsentiert und wessen Erfahrungen gehört werden. In dieser Diskussion gibt es die Begriffe „White Privilege“, „White Feminism“ und „Critical Whiteness“. Als Aktivistin erläutert bspw. Emma Watson dazu, dass sie als „weiße Feministin“ andere Erfahrungen als BIPOC-Menschen macht. Die Themen des weißen Feminismus sind in der Öffentlichkeit weitaus häufiger vertreten und wenn sich weiße Feministinnen ihr Privileg nicht bewusst sind, können andere kritische Themen untergehen. Die Autorin Rafia Zakaria sagt dazu, dass die privilegierte Gruppe den Feminismus und seine politische Agenda formt, dabei werden schwarze Frauen häufig als Symbolträgerinnen genutzt, anstatt sie als feministische Akteurinnen wahrzunehmen.
Ein Beispiel für öffentliche Personen und ihre Positionen in diesem Kontext ist Sophie Passmann, Autorin von „Alte weiße Männer: ein Schlichtungsversuch“. Sie kritisierte 2022 Redaktionen dafür, dass sie eine schwarze Frau als Sprachrohr einer ganzen Gruppe machten. Sie wurde danach als „White Woman of the day“ gekürt, das die Kritik des White Feminism und der fehlenden Critical Whiteness verdeutlicht.
Hiptmair und Dangl stellen heraus, dass Taylor Swift heteronormativen und konservativen Wertvorstellungen von Weiblichkeit entspricht. Sie teilt in ihren Songs also ihre Erfahrungen als weiße Frau mit einem White Privilege. Nun steckt Swift in dem Dilemma, dass ihre Songs von privaten Themen und Gefühlen handeln, aber eine ungeheure Reichweite und auch Einfluss hat. Man könnte argumentieren, dass jeder Fan für sich entscheiden muss, ob Swift „feministisch genug“ ist.
Doch ohne „Critical Whiteness“ wird auch eine Popikone wie Taylor Swift irgendwann kritisiert werden, wenn Erwartungshaltungen der Swifties oder auch der Hater nicht erfüllt werden.
Muss eine feministische Popikone politisch sein?
Problematisch wird White Feminism sobald die Positionierung der „weißen Feministinnen“ Schaden für andere marginalisiert Gruppen fördert. Die Autorin Alison Philipps schreibt, dass sie „damit das herrschende Strafsystem unterstützen, das Schwarze und andere marginalisierte Menschen benachteiligt“.
Anika Sapra vom womensmediacenter argumentiert, dass Taylor Swift in ihrem Song „The Man“ nicht das patriarchale System an sich angreift, sondern als „rich white Woman“ sich dem System anpasst und Vorteile für sich erarbeiten will. Vielleicht gehört Taylor Swift aber auch einfach zum „Popfeminismus“, Teil der dritten feministischen Welle: Emanzipation massentauglich machen (der sich allerdings auch einiger Kritik stellen muss).
Die Diskussion um White Feminism ist tief und vielfältig, weswegen hier nicht alle Punkte aufgelistet werden können. Dennoch soll das Buch „Against White Feminism“ von Rafia Zakaria hier erwähnt werden. Hauptsächlich fehle es laut der Autorin an weiblicher Solidarität unter verschiedenen Gruppen: weiße und schwarze Frauen aber auch Frauen mit unterschiedlicher sexueller Orientierungen sowie Feministinnen der ersten Bewegungen und die neuen Generationen der feministischen Bewegung. Bettina Weber von Emma resümiert hier richtig: „Derweil können sich die Männer zurücklehnen – geht sie alles gar nichts an.“
Wird von einem popfeministischen Star mehr politische Haltung erwartet - Double Standard?
In diesem Kontext stellen sich auch Marzia und Maria von dem Podcast „Okay, ciao! Der Popkultur Podcast“ in ihrer Folge „#169 Swifties enttäuscht: Taylor, Travis und Trump“ die Frage, ob Taylor Swift jetzt so stark kritisiert wird, weil sie eine Frau ist. Swifts unpolitische Haltung war schon mal in der Kritik, als Donald Trump und Kamala Harris im Wahlkampf um die Präsidentschaft waren. Sie forderte lediglich zum Wählen auf, empfahl aber keine der beiden Kandidat*innen, bis sie durch einen KI-Vorfall dazu genötigt wurde. Auch als Matty Healy eindeutig rassistisches und nationalsozialistisches Verhalten zeigte, nahm sie dazu keine Stellung. Mit ihrem jetzigen Partner kommt eine politische Nähe zur MAGA-Bewegung und zu Trump, die durch die NFL unumgehbar ist. Marzia und Maria schlüsseln dies in ihrer Podcast-Folge auf und fragen auch hier kritisch: Ist Taylor Swift jetzt Trump-Supporter, nur weil ihr Verlobter beruflich mit anderen Supportern zu tun hat? Allerdings führt ihre politische Neutralität dazu, dass die Gerüchteküche brodelt.
Männliche Künstler mit ähnlich thematisch gelagerter Musik (wie Bruno Mars oder Ed Sheeran) äußern sich ebenso wenig politisch wie Swift, erhielten dafür aber weniger Kritik. Während Swift immer wieder auf feministische Aktionen (z. B. den Women’s March) hinweist und sich auch als Ally positioniert, nimmt sie häufig nicht selbst an solchen Veranstaltungen teil. In einer Weltlage, in der die meisten Umstände inzwischen politisiert sind, sollten große Persönlichkeiten wie Taylor Swift ihre Reichweite für gute Zwecke nutzen oder widerstrebt sie gerade durch ihre unpolitische Haltung dem Double Standard, mit dem sie in der Öffentlichkeit gemessen wird? Oder gehören ihre Positionierungen doch nur zu ihrem PR-Auftritt als milliardenschwere Popikone?
Haben die Songtexte tatsächliche merkwürdigen Botschaften und Misogynoir?
Musikkritiker, Influencer und auch Swifties selbst sehen in einigen Songtexten kontroverse Botschaften, die gerade durch die bisher beschriebenen Umstände zu Aufruhr rund um Taylor Swift führt.
Insbesondere aus ihrem Song „Opalite“ werden unterschwellige Botschaften interpretiert. Kritiker bezeichnen ihn als „Hymne der weißen Vorherrschaft“ und lesen homophobe Anspielung heraus.
Der Song „The Fate of Ophelia“ werde als „Lobeshymne auf das Patriarchat“ wahrgenommen, sodass bspw. folgendes Kommentar online geteilt wurde: „Ich werde mir keinen Song anhören, der suggeriert, dass Ophelia ihren Selbstmord hätte vermeiden können, wenn sie mit einem Quarterback ausgegangen wäre.“ Ähnlich negativ fällt der Song „Wood“ auf, der eine Doppeldeutigkeit des Aberglaubens auf Holz zu klopfen mit der Manneskraft ihres Verlobten mitbringt. Es stehen also Vorwürfe des Sexismus, Rassismus und auch der politischen Nähe zu Trump im Raum. Darum beginnen unter anderem schwarze Frauen der POC-Community die Songtexte von Taylor Swift und ihre Haltung in Frage zu stellen.
Tia Levings erklärt den Begriff „Misogynoir“, der in diesem Kontext auftaucht folgendermaßen:
„Misogynoir, involves a specific type of misogyny that has roots in racism. Coined by the queer Black feminist Moya Bailey in 2010, the term is a blending of concepts that combines “misogyny” and the French word for black, “noir.” According to Ms. Bailey, misogynoir is the anti-Black racist misogyny that Black women experience.“ Misogynoir ist also Rassismus und Sexismus gegenüber schwarzen Frauen.
Die POC-Community hat den Spruch „White Feminism is killing us“ geprägt. Was es damit genau auf sich hat, könnt ihr einem zweiten Artikel zu dem Thema lesen.
Bis es soweit ist, lest gerne andere Artikel von mir!
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