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3. November 2021Petition zur Umbenennung der Bernd-Rosemeyer-Straße
„Gegen das Vergessen“
Die Studierenden der Hochschule Osnabrück Alexandra Stolz und Lena Velte haben eine Petition zur Umbenennung der Bernd-Rosemeyer-Straße in Lingen gestartet, um die Opfer des Nationalsozialismus zu würdigen und ein Zeichen der antifaschistischen Erinnerungs- und Gegenwartskultur zu setzen.
Im Kern geht es um ein Erinnern an die Unantastbarkeit der menschlichen Würde.
Alexandra Scholz in ihrer Begründung für die Petition
Während der Erarbeitung eines Stadtrundgangs vor einigen Monaten, haben sich die Studierenden mit der Geschichte Bernd Rosemeyers beschäftigt und ergreifen nun die Initiative. Für sie ist die Präsenz einer solchen Ehrung im Zentrum der Stadt und direkt vor unserem Campus unfassbar. Deshalb initiierten sie den Prozess zur Umbenennung in Fredy-Markreich-Straße.
Wer war Bernd Rosemeyer?
Bernd Rosemeyer wurde am 14. Oktober 1909 in Lingen geboren. Er ist an der damaligen Bahnhofsstraße aufgewachsen, die nach seinem tödlichen Unfall 1938 zu seinen Ehren in Bernd-Rosemeyer-Straße umbenannt wurde.
Rosemeyer war in der Zeit des Nationalsozialismus einer der bekanntesten und erfolgreichsten Rennfahrer in Deutschland. Grund dafür war unter anderem die monetäre Unterstützung des NS-Regimes für die Autoindustrie. Durch diese Förderung ragten die Fahrer der technisch überlegenen Wagen von Auto Union und Mercedes Benz heraus, unter ihnen war Rosemeyer. Als einziger deutscher Spitzenrennfahrer trat er 1933 der Schutzstaffel (SS) bei, die die NSDAP und Adolf Hitler als Unterdrückungsmittel nutzten. Durch Rennsiege erhielt er Beförderungen bis zum Rang des SS-Hauptsturmführers. Es gibt keine Beweise dafür, dass Rosemeyer aktiv Dienste in der SS ausgeführt hat und seine Intention für den SS-Anschluss wird als rein beruflich motiviert beschrieben. Allerdings dienten seine Erfolge bei Rennen der Propaganda der Nationalsozialisten. Auch die Gegebenheiten seines Todes nutzten sie für eine heroisierende Darstellung, sowie für öffentliche Trauer-Bekenntnisse, unter anderem auch von Adolf Hitler. Bernd Rosemeyer repräsentiert also, in seiner Rolle als Opportunist, die Täter des Nationalsozialismus.
Rosemeyer war ein hocheffizienter Akteur der NS-Propaganda. Einige sagen, er musste das, um Rennen fahren zu können. Dies ist klar widerlegt. Er war schon erfolgreicher Rennfahrer, bevor die Nazis an die Macht kamen.
Dr. phil. Christoph Frilling, Autor und Mitglied im Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V.
Die Bernd-Rosemeyer-Straße ist bis heute die einzige Straße in Lingen, deren Umbenennung durch die Nationalsozialisten nach dem Ende des zweiten Weltkriegs 1945 nicht rückgängig gemacht wurde. Dies war ein weiterer Beweggrund für die Petition zur Umbenennung der Bernd-Rosemeyer-Straße.
Wer war Fredy Markreich?
Friedrich Markreich, genannt Fredy, wurde am 27. August 1898 in Lingen geboren. Er ist an der Große Straße aufgewachsen, wo er mit seiner verwitweten Mutter das Textilgeschäft der Familie weiterführte. Er war Jude, Soldat im ersten Weltkrieg, „ein stadtbekanntes Original und stets zu Späßen aufgelegt“.
Von 1928 bis 1934 nahm Markreich als Junggeselle an den Kivelingsfesten teil, aber drei Jahre später war er nicht mehr im Mitgliederverzeichnis aufgeführt. In Folge der antijüdischen Gesetze und Boykottmaßnahmen fiel der Umsatz seines Geschäftes. Zudem war kein Beerdigungsinstitut dazu bereit gewesen, die Bestattung seiner Mutter 1938 zu übernehmen, weshalb er sie selbst, unter Überwachung der Gestapo, mit Hilfe eines Handwagens auf einem jüdischen Friedhof beisetzten musste. In der Pogromnacht des 10. November 1938 beschädigten Männer der Sturmabteilung (SA) der NSDAP die Schaufenster seines Geschäftes und seiner Geschäftsräume. Anschließend wurde Markreich verhaftet, ins Gefängnis abgeführt und durch die Gestapo mit weiteren Lingener Juden ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Im April 1939 konnte er nach Liberia emigrieren, wo er dann im Januar 1944 verstarb, wie, ist jedoch nicht bekannt. Insofern repräsentiert Fredy Markreich die Opfer des Nationalsozialismus.
Die Umbenennung der Bernd-Rosemeyer-Straße in Fredy- Markreich-Straße ist für mich ein Akt ernsthafter Solidarität mit den Opfern des Nationalsozialismus.
Dr. med. Walter Höltermann, Mitglied im Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V
Und jetzt?
Die Benennung von Straßen nach Personen erinnert an diese, ehrt sie und ihre Leistungen, und ihnen werden viele Meter Asphalt gewidmet. Ob ein Straßenname der Ehrung dient oder viel mehr dem historischen Beleg, findet in der öffentlichen Meinung keine klare Antwort. Schließlich gehören auch Krieg, Hass und Verbrechen zu der Geschichte Deutschlands. Die Position, die Bernd Rosemeyer bei den Nationalsozialisten vertreten hat, wird nicht nur auf seinem Straßenschild nicht erwähnt, sondern auch in Artikeln verharmlost. Fredy Markreich steht beispielhaft für das Schicksal der Juden während des Nationalsozialismus.
Hier gilt es einen Standpunkt zu finden: Beibehaltung, Ergänzung oder Umbenennung?
Die Petition
Mit Dr. med. Walter Höltermann und Dr. phil. Christoph Frilling, zwei Mitgliedern im Forum Juden Christen e.V., sowie Peter Lütje, einem Kulturschaffenden in Lingen, haben Alexandra Stolz und Lena Velte Unterstützer bei ihrem Bestreben nach einer Umbenennung. Wer dieser Meinung seine Stimme verleihen will, gelangt hier zur Seite der Petition zur Umbenennung der Bernd-Rosemeyer-Straße. Auf der Seite können diejenigen, die die Petition zudem aktiv unterstützen möchten, eine Unterschriftenliste herunterladen.