Selfcare Trends auf Social-Media: Selbstfürsorge oder Werbung?
8. November 2024Es sind nur Haare, oder nicht?
21. November 2024Schönheitsideale im Wandel: Was sagen sie über die Gesellschaft aus?
Schönheitsideale sind mehr als nur ein vorübergehender Hype – sie spiegeln die Werte und Ideale wider, die in unserer Gesellschaft vorherrschen. Ein Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahrzehnten zeigt, dass Schönheitsideale oft von gesellschaftlichen Normen und kulturellen Veränderungen geprägt werden. Heute sehen wir ein breiteres Spektrum an Körperformen, Hautfarben und Geschlechtern, während in den 90er Jahren vorwiegend schlanke, beinahe unnahbare Körper und blasse Haut als Ideal galten. Dieser Wandel symbolisiert nicht nur die wachsende Anerkennung von Diversität, sondern auch die Entstehung von Bewegungen wie zum Beispiel Body Positivity, die darauf abzielen, alle Menschen unabhängig von ihrem Aussehen zu akzeptieren.
Dieser Beitrag analysiert, wie Schönheitsideale die Gesellschaft reflektieren und welche gesellschaftlichen Werte sich in den verschiedenen Trends manifestieren – von den 1990er Jahren bis zur gegenwärtigen Zeit.
Der „Heroin Chic“-Schönheitsideal
In den 1990er-Jahren entstand das Schönheitsideal „Heroin Chic“, das hauptsächlich von Kate Moss, dem Supermodel, populär wurde. Dieses Bild prägte die Modewelt mit extrem dünnen, fast knöchernen Körpern und einem blassen Teint, der von eingefallenen Gesichtszügen und Augenringen begleitet wurde. Die Modeindustrie verbreitete den Look, der zum Teil an das Aussehen von Drogenabhängigen erinnerte, und lobte ihn als einen Ausdruck von Androgynität und nihilistischem Charme. Besonders in den hochkarätigen Werbekampagnen von Calvin Klein fand dieser Stil großen Anklang, obwohl er auch viele Kritiker auf den Plan rief, die eine Verherrlichung von Essstörungen und Drogenmissbrauch befürchteten.
Dieses Ideal, das von Moss mit dem Konzept von „Supermodels“ und der Ablehnung des zuvor gängigen, kurvigeren Körperbildes der 80er geprägt war, wurde medialisiert und hatte weitreichende soziale Folgen. Viele junge Leute standen unter dem Druck, diesem unerreichbaren Ideal zu entsprechen. Dies würde zu einem Anstieg der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper führen, woraus vermehrt Essstörungen hervorgehen könnten.
Zum Nachschlagen
https://www.cosmopolitan.de/heroin-chic-darum-sorgt-das-schoenheitsideal-aus-den-90ern-aktuell-wieder-fuer-entsetzen-126655.html
https://www.welt.de/iconist/mode/article242400763/Heroin-Chic-Kommt-das-Schoenheitsideal-der-90er-zurueck.html
https://www.wmn.de/fashion/heroin-chic-ist-nicht-zurueck-schaut-doch-mal-genau-hin-a-a-id453693
Vielfalt und Body Positivity
In den 2000er- und 2010er-Jahren kam es zu einer bemerkenswerten Veränderung der Modebranche und der Wahrnehmung von Körperidealen durch die Öffentlichkeit.
Nachdem in den 90er Jahren die idealen Körper extrem schlank waren, zeigte sich nun in der Folgezeit ein wachsender Fokus auf Vielfalt und Körperakzeptanz. Die „Body Positivity“-Bewegung wurde immer präsenter, vor allem in sozialen Medien wie Instagram, wo Influencer unveränderte Darstellungen unterschiedlicher Körperformen und Körpergrößen veröffentlichten. Eine breitere Debatte über Körperbilder, Selbstliebe und die Ablehnung diskriminierender Schönheitsstandards wurde auf diesen Plattformen ausgelöst.
Der Einfluss sozialer Medien spielte eine entscheidende Rolle bei dieser Veränderung. Diese ermöglichten dem Nutzer, sich mit realistischeren Darstellungen von Körpern zu beschäftigen und dabei die Diätkultur und unrealistische Schönheitsideale in Frage zu stellen. Die Darstellung von Vielfalt – hinsichtlich Körpergrößen, Ethnizität und Geschlechtsidentitäten – zeigte eine besondere prägende Wirkung. Dieser Wandel hin zu mehr Inklusivität und Akzeptanz wurde von Models wie Ashley Graham symbolisiert, die 2016 auf dem Cover von Sports Illustrated erschien, und Halima Aden, die 2019 das erste Model mit Kopftuch in derselben Zeitschrift war.
Trotz dieser Fortschritte wird die Bewegung weiterhin kritisiert. Die Gegenseite behauptet, dass die Betonung von Körperbildern, auch innerhalb der Body Positivity-Bewegung, dazu führen kann, dass man sich selbst stärker objektiviert. Es wird auch bemängelt, dass die Betonung nach wie vor auf normativen Körpern liegt, obwohl diese vielfältiger als zuvor sind. Trotzdem leistet die Bewegung im Großen und Ganzen einen Beitrag zur Überprüfung gesellschaftlicher Normen und zur Förderung eines inklusiveren Bildes von Schönheit.
Inklusivität als Schönheitsideal
Soziale und kulturelle Bewegungen, die sich für Antidiskriminierung und Selbstakzeptanz einsetzen, unterstützen die Entwicklung der Body Positivity weiter. Im Einklang mit der wachsenden Bedeutung von Feminismus und sozialer Gerechtigkeit haben immer mehr Marken erkannt, wie wichtig es ist, ihre Werbekampagnen divers zu gestalten und ein breiteres Spektrum an Körpergrößen, Ethnien und Geschlechtern zu repräsentieren.
Die Einführung von Make-up-Marken wie Fenty Beauty hatte einen wesentlichen Einfluss auf diese Veränderung des Schönheitsideals. Fenty Beauty, das von der Sängerin Rihanna ins Leben gerufen wurde, setzte durch die Einführung von 40 verschiedenen Hauttönen in ihrer Foundation-Reihe neue Standards.
Diese Einschließung sei nicht bloß eine Reaktion auf den Markt gewesen, sondern auch ein aktiver Schritt, um die Darstellung der Kosmetikindustrie zu verbessern.
Solche Veränderungen haben tiefgreifende Folgen für die Gesellschaft. Die zunehmende Verbreitung unterschiedlicher Schönheitsideale in der Werbung hat nicht nur eine positive Wirkung auf das Selbstbild vieler Menschen, sondern stärkt auch das Bewusstsein für psychische Gesundheit. Durch den Support von Models und Influencern aller Arten wird ein für eine größere Anzahl von Menschen zugängliches und erreichbares Bild von Schönheit vermittelt. Dies trägt zur Stärkung des Selbstakzeptanzgefühls bei.
Einfluss der Schönheitsideale auf das Selbstbild und psychische Gesundheit
Die sozialen Medien spiegeln unsere Gesellschaft wider – sowohl ihre positiven als auch negativen Seiten. Sie veranschaulichen nicht bloß die gegenwärtigen Ideale und Werte, sondern formen sie auch aktiv mit. Die Plattformen waren lange Zeit von perfekt inszenierten Bildern und vermeintlich makellosen Schönheitsidealen geprägt, was bei vielen Nutzern, vor allem jungen Menschen, den Eindruck vermittelte, dass Abweichungen von diesen Normen unerträglich seien. Aber in den vergangenen Jahren ist eine Bewegung entstanden, die das Gegenteil verdeutlicht: Menschen sind vielfältig und genau das macht sie kostbar. Hashtags wie #ForMoreRealityonInstagram oder #BodyPositivity helfen dabei, dass soziale Medien auch dazu dienen können, echte Darstellungen zu präsentieren und alle Formen des Körpers zu würdigen.
Diese Entwicklungen zeigen, dass Social Media nicht bloß die Gesellschaft reflektiert, sondern auch dazu genutzt werden kann, um Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken. Die Inhalte in sozialen Medien mögen diese Realität gelegentlich verzerren und Ideale übertreiben, obwohl die reale Welt oft von Vielfalt und Akzeptanz geprägt ist. Aber es gibt auch immer mehr Stimmen, die sich für eine größere Selbstakzeptanz und Natürlichkeit einsetzen – und diese Ansichten werden immer beliebter. Authentische Darstellungen, ungeschönte Einblicke in den Alltag und das bewusste Hinterfragen von Perfektion sind Faktoren, die dazu beitragen, dass Social Media ein Katalysator für ein realistischeres Selbstbild wird. Diese Entwicklungen geben Hoffnung und unterstreichen die Möglichkeit, dass soziale Medien, wenn sie bewusst und rücksichtsvoll genutzt werden, zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls beitragen können.
Zum Nachschlagen
https://www.wissen.de/was-die-schoenheitsideale-der-sozialen-medien-mit-unserer-psyche-machen
https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/der-einfluss-sozialer-medien-auf-die-psyche
Fazit: Schönheitsideale als Spiegel der Gesellschaft
Schönheitsideale sind mehr als nur Trends – sie sind ein Spiegel dessen, was in einer Gesellschaft zählt und angestrebt wird. Während in den 1990er Jahren der „Heroin Chic“-Look die Modewelt dominierte und ein Ideal von Unerreichbarkeit und Perfektion propagierte, erleben wir heute eine Bewegung hin zu mehr Diversität und Akzeptanz. Doch dieser Wandel ist nicht nur ein Triumph über frühere Schönheitsnormen, sondern auch eine Herausforderung, bestehende Muster wirklich zu durchbrechen.
Für mich persönlich ist die wachsende Vielfalt in der Darstellung von Schönheit ein hoffnungsvolles Zeichen. Es zeigt, dass die Gesellschaft lernt, Unterschiede zu schätzen, statt sie zu bewerten. Dennoch denke ich, dass es noch ein langer Weg ist, bis jeder Mensch sich frei von äußerlichen Idealen wohlfühlen kann. Marken wie Fenty Beauty haben hier eine Vorreiterrolle übernommen, aber ich frage mich oft, wie viel davon echte Veränderung ist und wie viel Marketing. Letztlich glaube ich, dass wahre Akzeptanz nicht allein durch Werbung oder Social Media erreicht wird, sondern in unserem Alltag – in unseren Gesprächen, Handlungen und dem Mut, Schönheitsnormen infrage zu stellen.
Schönheit ist für mich nicht das Streben nach Perfektion, sondern das Anerkennen der Einzigartigkeit jedes Menschen. Es ist eine Entwicklung, die ich in meinem eigenen Umfeld beobachten kann und die mich dazu inspiriert, offener und bewusster mit mir selbst und anderen umzugehen. Die Bewegung hin zu mehr Inklusivität ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie erfordert, dass wir uns alle hinterfragen: Was definiert für uns Schönheit, und wie können wir dazu beitragen, dass sie für jeden zugänglich wird?