Lingen grüßt die Welt- Der Blick aus dem Fenster (Tag 7)
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Das Fenster der Brunnenstraße
Es ist Montag, der 23.03.2020. Ich habe Feierabend und mache (wie sollte es in Zeiten der Corona-Isolation anders sein) gar nichts.
Anders als viele andere Studierende wohne ich allein. Keine Spaziergänge mit Mitbewohnern und weil ich mich vermutlich demnächst um meine Oma kümmere, auch keine Spaziergänge mit Freunden. Zum Glück befinde ich mich theoretisch im Praktikum und mein Unternehmen hat beschlossen mir nicht zu kündigen. Meine Routine besteht also daraus, in meiner 28 Quadratmeter Wohnung aufzustehen, zu duschen, von zuhause aus zu arbeiten. Ab und zu gehe ich nach Feierabend noch joggen; allein oder mit meinem Freund, der mich manchmal besuchen kommt.
Ich weiß nicht wie oft ich in den letzten Tagen gehört habe, warum ich denn dann nicht in die Heimat zu meinen Eltern fahren würde.
Erstens: Meine Eltern gehören aufgrund ihres Alters langsam der Risikogruppe an und mein Bruder leidet an Asthma.
Und zweitens: Mein Vater, Bruder und ich müssten gleichzeitig aus dem Home-Office arbeiten. Das mag lustig klingen, aber spätestens, wenn mein leicht schwerhöriger Vater, mein viel zu intelligenter Bruder und meine viel zu viel redende Persönlichkeit gleichzeitig am Telefon hängen und durcheinander über Motoren, Gase, Webseiten und Mathematische Probleme diskutieren, ist der Spaß auch vorbei.
Ich habe mich also dafür entschieden, im wunderschönen Lingen zu bleiben und telefoniere dafür häufig mit meinen Eltern. Um ganz ehrlich zu sein: Ich glaube ich habe schon lange nicht mehr so viel mit meinen Eltern gesprochen. Trotzdem nagt die Situation an mir. Ich weiß nicht, ob ich meine Familie an Ostern sehen kann, ich weiß nicht, ob ich meine Familie an meinem Geburtstag sehen kann und ich weiß nicht wann ich sie alle das nächste Mal umarmen kann. Aber ich weiß, dass das Wiedersehen dafür umso schöner wird.
In der Zwischenzeit werde ich wohl weiter zwischen meinem Bett, meinem Kühlschrank und meinem Schreibtisch hin und her pendeln. Leben auf 28 Quadratmetern also. Aber was bleibt ist meine kleine Terrasse, meine Vorfreude auf das Ende der Corona-Isolation und die Musik, die mich in letzter Zeit begleitet. Während ich also ein bisschen in der Sonne sitze und Kaffee trinke ertönt aus meiner Wohnung leise das Lied „Ausgehen“ von Annenmaykantereit – die Ironie dabei entgeht mir übrigens nicht…