Junge Menschen und Schönheitseingriffe: Ursachen und Folgen
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In Zeiten von Social Media sind besonders junge Menschen hohem sozialen Druck ausgesetzt. Auf Plattformen wie Instagram, TikTok & Co. entstehen durch sogenannte Filterblasen schnell verzehrte Eindrücke eines realistischen oder gesunden Körperideals.
Ständig wird man mit Fotos oder Videos von Personen konfrontiert, die den vermeintlichen Traumkörper haben, den man auch gerne hätte. Diese ständigen Aufwärtsvergleiche können auf Dauer dazu führen, dass wir uns minderwertig und wertlos fühlen, weil wir bestimmten Idealen nicht entsprechen können. Dadurch reden wir uns ein, nicht gut genug zu sein. Besonders der Konkurrenzkampf unter jungen Männern im Bereich des Kraftsports (in Form der Body Dysmorphia) wird in diesem Artikel im Fokus stehen.
Was ist ,,Body Dysmorphia“?
In diesem Zusammenhang begegnet uns in den sozialen Netzwerken immer häufiger der Begriff ,,Body Dysmorphia“.
Betroffene beurteilen sich intensiv im Spiegel und versuchen, ihre vermeintlichen Makel zu verbergen, beziehungsweise zu kaschieren. Sie finden sich hässlich und fixieren sich regelrecht auf ihre „Makel“. Durch die Angst, körperlich nicht vollkommen, oder gar missgestaltet zu sein, erfahren Betroffene einen immensen Leidensdruck.
Oft geht die körperdysmorphe Störung mit einer Essstörung einher – mit dem Ziel, den vermeintlich „vollkommenen“ Körper zu erlangen. Nur selten lässt sich so eine Erkrankung alleine bewältigen. Meist ist eine zielgerichtete Psychotherapie der einzige Weg, um eine Body Dysmorphic Disorder zu bewältigen.
Muskeldysmorphie
Eine besondere Form der Körperdysmorphie ist die sogenannte Muskeldysmorphie.
Als Muskeldysmorphie wird eine Störung des Selbstbilds bezeichnet, die vorwiegend bei Männern anzutreffen ist und eine unzureichende Ausprägung der eigenen Muskeln, gemessen an einer persönlichen Idealvorstellung, behauptet.
Es kommt zu einer exzessiven Fixierung auf angebliche Mängel des äußeren Erscheinungsbildes. Dabei scheint es völlig egal zu sein, wie muskulös eine Person ist, denn die Muskeldysmorphie betrifft tatsächlich auch komplett durchtrainierte Profis. Wenn der Sport zwanghaft wird, und sich nicht mehr gut anfühlt, wird es problematisch.
Der Umgang mit Komplimenten, mit Body Dysmorphia
Bei Leuten mit geringem Selbstwertgefühl, kann die Bestätigung durch Komplimente aus dem eigenen Umfeld, den Selbstwert zunächst positiv beeinflussen. Auf Dauer führt dies jedoch schnell dazu, dass der persönliche Selbstwert stark an das eigene Erscheinungsbild gekoppelt wird. Der Verlust von Muskeln, oder das Auslassen einer Trainingseinheit, gehen dann automatisch mit einer Selbstabwertung einher. Es entsteht Stress. Das Leiden beginnt bei vielen schleichend, sodass sie zunächst gar nicht merken, wann aus Zeitvertreib Zwang wird.
Die Rolle der sozialen Medien bei Body Dysmorphia
Das gängige Schönheitsideal verbreitet sich dabei vor allem über die sozialen Medien. Wer ein Sixpack hat, bekommt Anerkennung und Follower. Harte Arbeit am eigenen Körper wird mit Likes und positiven Kommentaren belohnt. Dabei wird immer alles perfekt dargestellt. Bilder werden im optimalen Licht und aus dem besten Winkel gemacht, und oft noch professionell nachbearbeitet.
So entsteht schnell der Prototyp des perfekten Körpers, den man selbst gerne hätte. Das Idealbild scheint unerreichbar. Die Vorbilder aus dem Netz verleiten zum ständigen Vergleichen und Nachahmen. Es bleibt nur ein schmaler Grat zwischen gesunder Fitness und schädlicher Selbstoptimierung.
Persönliche Erfahrungen zu Body Dysmorphia
Ich selbst, Simon, betreibe mittlerweile auch seit fast drei Jahren etwa fünfmal in der Woche Kraftsport. Das Thema begleitet mich quasi schon seit meiner Jugend. Mit 14 Jahren war ich übergewichtig, und habe mich unwohl in meinem eigenen Körper gefühlt. Während andere ihre erste Freundin hatten, war ich immer eher der Kumpeltyp. Also machte ich eine im Nachhinein betrachtet ziemlich radikale Diät, bei der ich in 12 Wochen 15 Kilogramm Körpergewicht verlor.
Parallel dazu trainierte ich jeden Tag und fuhr zusätzlich jede Strecke mit dem Fahrrad. Im Sommer hatte ich dann ein Sixpack und alles änderte sich. Mädchen nahmen mich anders wahr, was zum Teil wahrscheinlich auch an meinem gesteigerten Selbstbewusstsein lag, denn ich fühlte mich mittlerweile deutlich wohler in meiner eigenen Haut. Da ich aber endlich zufrieden war, ließ ich das Ganze über die Zeit wieder schleifen.
Ende 2021: Im Alter von 20 Jahren, erreichte ich dann wieder den Punkt der Unzufriedenheit, mit dem Unterschied, dass es diesmal nicht an Übergewicht lag. Mein Vater betreibt selbst seit 30 Jahren Kraftsport, und achtet auf seine Ernährung. An seinem Aussehen konnte ich ableiten, dass ich gute genetische Grundvoraussetzungen habe. Das löste in mir das Gefühl aus, dass es verschwendetes Potenzial wäre, wenn ich keinen Kraftsport betriebe.
Seitdem ist der Kraftsport nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken. Er schafft für mich einen Ausgleich und gibt mir eine feste Routine. Doch auch ich kann mich nicht lossagen von bestimmten Symptomen, die oben beschrieben wurden. Das ständige Vergleichen mit Influencern in den sozialen Netzwerken führt dazu, dass man seltener mit sich selbst zufrieden ist. Man will immer noch mehr Muskulatur haben, und wenn man seine alten Ziele vermeintlich erreicht hat, reicht einem das bei weitem nicht aus, und man setzt sich neue.
Fazit
Schlussendlich kann man sagen, dass es selten gut tut sich mit anderen zu vergleichen. Man kann sich am besten mit sich selbst vergleichen. Wenn man alte Bilder von sich anschaut und eine Veränderung sieht, hat man auf jeden Fall etwas richtig gemacht. Selbst wenn, dem nicht so ist, bedeutet das auf keinen Fall, dass man deswegen weniger wert ist.
Genetische Voraussetzungen und unterschiedliche Lebenssituationen spielen eine große Rolle im Kraftsport, weshalb jeder Vergleich mit anderen sinnlos ist. Das in den sozialen Netzwerken verkörperte Schönheitsideal spiegelt diese Dinge leider selten wider und führt somit zu Trugschlüssen.
Im Endeffekt ist es einfach wichtig sich gesund, und wohl in der eigenen Haut zu fühlen, unabhängig davon, was andere denken, machen oder sagen.