9. Mai – Tag der Europäischen Union
9. Mai 2021Bist du jetzt getriggert, oder was?
18. Mai 2021Internationaler Tag der Pflege – ein nie endender Notstand?
Pflege in Deutschland: Systemrelevant, unterbezahlt, überlastet. Ein Knochenjob.
Heute ist der 12. Mai – der internationale Tag der Pflege, der seit 1974 alljährlich an den Geburtstag von Florence Nightingale erinnert. Sie gilt als Begründerin der modernen Krankenpflege und gründete im Jahr 1860 die erste Berufsschule für Krankenschwestern in London. Der internationale Tag der Pflege soll die Arbeit und Mühen der Pflegekräfte wertschätzen. Aber wie sieht diese Wertschätzung in der Realität aus?
Eine junge Pflege Dual Studentin gibt Einblicke in ihren Alltag im Krankenhaus. Sie hat eine Spätschicht und eine darauffolgende Frühschicht hinter sich. „Ich bin müde und gestresst.“, sagt sie mit einem milden Lächeln. Um 6 Uhr morgens übergibt die Nachtschicht an die Frühschicht. Die Pfleger:innen bringen sich auf den aktuellen Stand, dann beginnt die Grundpflege. Vitalwerte messen, Frühstück verteilen, Patient:innen auf die Toilette helfen, Fragen nach der Visite beantworten, reagieren, wenn die Patient:innen klingeln. „Unsere Tätigkeit ist sehr vielfältig. Es gibt ruhige Schichten und Schichten mit Stresslevel 1000.“
„Wir sind 24/7 auf der Station. Keiner kennt die Patient:innen so gut, wie wir.“
Spätestens seit Corona sei die Relevanz der Pflegekräfte extrem hoch. Auch das öffentliche Bewusstsein der Situation in der Branche ist gestiegen. Und doch ist die Wertschätzung gering. „Als würde es nicht genügen, was wir tun. Man hört dann Sätze wie: Hat es für Medizin nicht gereicht?“ Die junge Studentin zuckt verständnislos mit den Schultern.
Die 45-jährige Christine Determann berichtet aus ihrem Alltag in der ambulanten Pflege. Gegen 6 Uhr morgens geht es los. Sie ist mit dem Auto unterwegs und besucht die Menschen zu Hause. Trombosestrümpfe anziehen, Medikamente vorbereiten und verabreichen, waschen und duschen, an- und auskleiden. 24 Stunden Bereitschaft. „Wir haben ein Rufdiensthandy, über das die Menschen uns erreichen können. Manche rufen dann an, weil sie aus dem Bett gefallen sind.“ Dass die Menschen immer älter werden, ist kein Geheimnis. „Wir haben einige, die 90 oder 95 werden. Das merkt man schon.“ Und mit der steigenden Lebenserwartung steigt ebenfalls die Zahl der Hilfsbedürftigen.
Trotzdem ist die Bezahlung schlecht und die Besetzung nicht hoch genug.
Laut der Hans Böckler Stiftung gaben 2020 rund 65% der Krankenpflegefachkräfte an, dass sie sich ungerecht bezahlt fühlen. Dass es einen Personalmangel in der Pflege gibt, ist seit Jahren bekannt, doch es verändert sich wenig. „Dabei ist die Pflege ein so toller Beruf. Allein, weil er so wichtig ist, muss sich etwas ändern.“, bekräftigt die junge Studentin.
„Wir nehmen uns die Zeit. Es gibt Situationen, da kannst du nicht einfach wegfahren. Aber es bezahlt auch keiner, dass du länger bleibst.“
Die Hoffnung auf baldige Veränderungen ist gering. „Ich sehe das gerade nicht so.“, gibt die Studentin zu. Auch Determann ist derselben Meinung: „Am Anfang von Corona dachte ich schon, dass sich etwas verändert. Aber es hat wieder nachgelassen. Ich hoffe trotzdem, dass es in der Diskussion bleibt. Pflege ist ein Knochenjob, der sonst ausstirbt.“.
Systemrelevant – unterbezahlt – überlastet. Wie kann es sein, das ein so wichtiger Beruf seit langem in der Krise steckt und sich trotzdem nichts verändert?