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3. Mai 2020Isolation und ihre psychologischen Effekte
Social Distancing und damit die Isolation vom gewohnten sozialen Umfeld, fällt dem einen eventuell leicht und dem anderen eher weniger. Viele sind es gewohnt, fast täglich etwas mit ihren Freunden zu unternehmen. Seit Wochen sehen wir diese aber nur noch über den Handy- oder Computerbildschirm und verbringen unsere Tage mit unseren Familien. Von 100 auf 0. So könnte man die Isolation bei einigen bestimmt beschreiben. Wir alle kennen vermutlich jemanden, der sich mehrfach am Tag meldet, weil ihm oder ihr langweilig ist. Bei diesen Menschen ist der Mitteilungsbedarf gerade jetzt sehr hoch. Auch bei Menschen, die eigentlich gerne zu Hause sind, macht sich vermutlich gerade ein Wandel bemerkbar. Jeder verspürt momentan wahrscheinlich vermehrt den Drang nach draußen zu gehen.
Allgemeine Verhaltensveränderungen kann man gerade bei uns allen beobachten. Aber wie genau wirkt sich Isolation auf unsere Psyche und damit auch auf unser Verhalten aus?
Was genau ist Isolation?
Allgemein bedeutet Isolation die Abgrenzung einer Person oder einer Gruppe vom sozialen Umfeld bzw. von der Gesellschaft. Momentan erleben wir gerade das.
In der Welt lassen sich jedoch nicht nur während der bestehenden Pandemie Formen von Isolation finden. Beispielsweise erfahren schwerkranke Kinder, die für einen längeren Zeitraum die Schule nicht besuchen dürfen, soziale Isolation. Grund dafür ist, dass diese Kinder meist eine eingeschränkte Interaktion mit Schulkameraden erleben. In manchen Fällen kann es sogar zum vollständigen Verlust aller Kontakte kommen und das soziale Netzwerk der Person bricht zusammen.
Diese Form von Isolation ist situationsbedingt und entsteht unfreiwillig. Das Gefängnissystem der USA setzt Isolation bei dem Gefängnisstandard Supermax jedoch gezielt ein. Supermax ist die Kurzbezeichnung für „super-maximum-security“ und es handelt sich dabei um eine Art der Hochsicherheitsverwahrung für Schwerstkriminelle. Diese sieht die vollkommene Isolationshaft für 22 bis 23 Stunden am Tag vor. Insassen haben während dieser Isolation nur Kontakt mit den Aufsehern. Schalldichte Zellen verhindern die Kommunikation mit Personen in angrenzenden Zellen. Schon im 19. Jahrhundert setzten sich viele Menschen gegen diese Gefängnisform ein und bezeichneten sie als psychische Folter.
Warum brauchen wir soziale Kontakte?
Evolutionär betrachtet sind Menschen keine Einzelgänger und brauchen einander, um zu überleben und sich weiterzuentwickeln. Viele Forscher haben in den letzten Jahrzehnten versucht, die Folgen von Isolation mit Experimenten und Studien zu erforschen. Meist
fokussieren sich diese Experimente auf bestimmte Phasen der Entwicklung und stellen dabei den Zusammenhang zum sozialen Umfeld her. Ergebnisse dieser Studien machen deutlich, dass soziale Kontakte für unsere Entwicklung grundlegend sind und wir ohne sie eine Störung in unserem Verhalten entwickeln können.
Ein Bespiel für eine solche Studie ist die von Harry Harlow. Dieser war ein US-amerikanischer Psychologe und Verhaltensforscher, der Experimente zum Sozialverhalten mit jungen Rhesusaffen durchführte. Dafür setzte er die kleinen Affen in einen Käfig mit zwei Attrappen. Fehlende Interaktion und damit auch fehlende Reize hatten bei diesen Tieren Auswirkungen auf ihre Psyche.
Später zeigten diese Affen enorme soziale Störungen und waren unter anderem desinteressiert, apathisch oder ängstlich. Dieselben Symptome wiesen damals auch Kinder aus Waisenhäusern auf oder Kinder, die längere Zeit von ihren Eltern getrennt lebten. Harlows Experimente wiesen damals schon auf die hohe Bedeutung von sozialen Kontakten hin. Denn sie zeigten eindeutig, dass Liebe und Zuneigung lebensnotwendig sind.
Was sind konkrete Folgen?
Egal wer Isolation erfährt, psychische Folgen trägt jeder davon. Mensch bleibt Mensch und wir brauchen soziale Kontakte. Die Anzahl der möglichen psychischen Folgen ist sehr groß: Beeinträchtigung von Körperfunktionen, Wahrnehmungsstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, das Führen von Selbstgesprächen, verringerte Intensität der Gefühle gegenüber Angehörigen und Stimmungsschwankungen. Auch Depressionen gehören zu den möglichen Symptomen, die jemand aufweisen kann.
Welche Folgen auftreten und in welcher Intensität sie erscheinen ist immer abhängig von der Dauer und auch der Art der Isolation. In den letzten Monaten war dies bei jedem Menschen unterschiedlich und situationsbedingt. Jeder von uns hat die vergangene Zeit anders wahrgenommen. Für manche mag es ein Schockereignis gewesen sein, für andere vielleicht aber auch gerade die dringend benötigte Auszeit. Viele haben aufgrund der momentanen Situation auch mit unterschiedlichen Emotionen zu kämpfen. Trauer ist eine davon. Wir verlieren unsere Routine, unsere Freiheiten und einige haben auch mit dem Verlust von geliebten Menschen zu kämpfen. Vor allem ist aber auch die Ungewissheit, wann diese Isolation endlich vorbei sein wird, eine hohe Belastung für unsere Köpfe.
Isolation an sich ist nicht das Problem, sondern das, was dadurch ausgelöst wird. Eigene Verhaltensveränderungen bemerken wir gerade vermutlich alle. Schlafstörungen, Ängste, vermehrte Unruhe oder auch einfach fehlende Motivation. Das alles sind Folgen der herrschenden Isolation. Viele Menschen erleben momentan auch ein Gefühl von Einsamkeit, da sie eventuell alleine leben oder sich emotional vereinsamt fühlen.
Wie genau sind junge Menschen von diesen Folgen betroffen?
Um einen Überblick zu schaffen, wie viele Leute momentan an den Folgen der Isolation leiden, habe ich eine Umfrage gestartet. Insgesamt haben 151 Personen teilgenommen und diese konnten zwischen vier Symptomen wählen. Dabei handelte es sich um eine Selbsteinschätzung. Die Ergebnisse zeigen, dass 14.6% der Befragten an Schlaflosigkeit oder unregelmäßigen Schlafrhythmen leiden, 20.5% Konzentrationsschwierigkeiten haben, 31.1% ihr Zeitgefühl verloren haben und sich 33.8% momentan einsam fühlen. Einige Personen gaben auch an, dass sie mittlerweile gereizter sind oder auch an Essstörungen leiden.
Was können wir tun, um gegen diese Folgen vorzugehen?
Das Stichwort ist hier „Psychohygiene“, die den Schutz und Erhalt der psychischen Gesundheit meint. Zunächst sollte man versuchen, eine Tagesstruktur und damit eine gewisse Routine aufrechtzuerhalten. So vegetiert man nicht einfach nur vor sich hin und lässt die jetzige Zeit ungenutzt verstreichen. Gerade jetzt könnte man seine eigene Langeweile bekämpfen, indem man etwas Neues lernt, was man schon immer können wollte. Egal, ob es ein Instrument oder eine Sprache ist.
Da es gegenwärtig auch häufiger zu Konflikten kommen könnte, sollte man diese nutzen, um sich jetzt menschlich weiterzuentwickeln. Man kann zwischenmenschliche Beziehungen verbessern, indem man sein eigenes Verhalten und Gedankengänge reflektiert. Wichtig ist dabei aber, dass man bei diesen Konfliktgesprächen ruhig bleibt und überdacht handelt. Nur auf diese Weise kann man konstruktive Gespräche führen und dafür sorgen, dass kein Streit eskaliert.
Zudem ist es auch sehr wichtig, dass wir nur Physical Distancing betreiben und versuchen, unsere sozialen Kontakte so gut es geht aufrechtzuerhalten. Durch die sozialen Netzwerke kann uns dies im Moment gelingen, jedoch ist dabei auch Vorsicht geboten. Gerade jetzt ist die Versuchung groß, den ganzen Tag im Internet zu surfen und andere Dinge zu vernachlässigen. Dadurch verlieren wir jedoch wieder unsere Routine und werden zu „Handyzombies“. Wir sollten die jetzige Zeit nutzen, um an unseren Beziehungen und an unserem Verhalten zu arbeiten. So können wir nämlich als eine gestärkte Gesellschaft aus dieser Situation herausgehen.