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Gemeinsam Gutes tun
78 kg Lebensmittel. Etwa so viel wirft laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jeder Haushalt im Jahr weg. Das sind ca. 6,5 Mio. Tonnen nur von Privathaushalten. Jetzt stellt man sich vor, was wohl Lebensmittelmärkte alles wegwerfen (müssen), wenn Haushalte schon auf 6,5 Tonnen kommen. Da macht Jonas, Student für Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück am Campus in Lingen, nicht mit. Er ist seit ca. 3 Jahren ehrenamtliches Mitglied und Botschafter der überregionalen Umweltbewegung „foodsharing“ in Lingen und engagiert sich lokal für die Rettung von Lebensmitteln. Man kann zwar nicht viel dagegen tun, was private Haushalte wegschmeißen, aber bei den Lebensmittelmärkten gibt es doch einiges, was gerettet werden kann. Jonas und die anderen Mitglieder setzen klare Zeichen gegen die Verschwendung von Lebensmittel. Im Jahr werden von den „Foodsavern“ ca. 20 Tonnen Lebensmittel gerettet. Demnach ist Lingen der größte foodsharing-Bezirk im Emsland.
Wie bist du auf foodsharing aufmerksam geworden und was motiviert dich dort mitzumachen?
Jonas: Tatsächlich hatten wir hier am Campus, im KH Gebäude, auch mal einen „Fairteiler“ (so wird der Kühlschank genannt, in dem die geretteten Lebensmittel gelagert werden). Ich fand es immer erschreckend, wie viele noch genießbare Lebensmittel einfach so weggeschmissen oder gerettet wurden und dann im Fairteiler landeten. Besonders zu Ostern oder Weihnachten war der Kühlschrank immer total voll von überproduzierten Schokoladennikoläusen bzw. -Osterhasen, welche dann nicht mehr verkauft wurden, da die Saison vorbei war.
Mein Interesse sowie der Wille dieser Verschwendung entgegen zu gehen war geweckt. Und da auch ein paar Studierende hier auf dem Campus sich ehrenamtlich engagiert haben, habe ich mich kurzerhand entschlossen mich dazu zu gesellen. Meinen Erwartungen entsprechend waren alle super nett und haben mir den Einstieg sehr leicht gemacht. So konnte ich nicht nur einen Teil dazu beitragen, dass weniger Lebensmittel verschwendet werden, sondern auch neue Leute kennen lernen und Freundschaften knüpfen. Denn foodsharing ist keine Organisation die nur aus Studenten besteht. Jeder, der sich nachhaltig engagieren möchte, ist herzlich eingeladen bei uns mit zu machen.
Wie funktioniert das Konzept „foodsharing“?
Jonas: Wenn man „Too Good To Go“ mag, dann muss man foodsharing lieben.
In Lingen steht momentan ein Fairteiler (Kühlschank) in der Innenstadt. Die Adresse lautet: Burgstraße 21c, 49808 Lingen (Ems). Der Kühlschrank wird jeden Tag saubergemacht und von den Foodsavern regelmäßig mit Lebensmittel der Partner-Märkte bestückt.
In dem Kühlschrank landen Lebensmittel, wie zum Beispiel Bananen, die eine kleine Druckstelle haben und aufgrund dessen aussortiert wurden. Auch Lebensmittel, wo das Mindesthaltbarkeitsdatum ein paar Tage überschritten ist findet man im Kühlschank.
In unserer Gesellschaft wird der Begriff Mindesthaltbarkeit völlig missverstanden. Daher mache ich hier einmal darauf aufmerksam, was Mindesthaltbarkeit eigentlich bedeutet. „Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist kein Wegwerfdatum. Vielmehr gibt es den Zeitpunkt an, bis zu dem ein Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften ( z. B. Geschmack, Farbe und Konsistenz) behält“ (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Mindesthaltbarkeit ist also nur die Garantie vom Hersteller, dass sich das Produkt/ Lebensmittel in dem von ihm angegebenen Zeitraum in z.B. Farbe, Konsistenz und Geschmack nicht verändert. Es bedeutet nicht, dass man es nach Ablauf des Datums nicht mehr essen kann bzw. es nicht mehr genießbar ist.
Doch dürfen (Lebensmittel-)Märkte vom Gesetz her die Produkte trotz dessen nicht mehr verkaufen. An diesem Punkt greifen dann die Foodsaver von foodsharing und holen diese Produkte von den Märkten ab, um ihnen eine zweite Chance im Fairteiler zu geben. Dort wird dann auf die Unterstützung der Bürger gesetzt, die die Lebensmittel mit nach Hause nehmen und verarbeiten sollen. Hier ist dann noch wichtig zu betonen, dass sich jeder, ob Mitglieder oder nicht, ob Student oder Rentner ob Gut- Verdiener oder Menschen mit geringerem Einkommen an dem Fairteiler bedienen kann/ soll.
Jonas: Es hat nichts mit Bedürftigkeit zu tun, Lebensmittel aus dem Fairteiler zu nehmen, sondern mit Nachhaltigkeit.
Was darf ich in den Fairteiler reinstellen?
Wenn ich mich gerne an diesem Konzept beteiligen möchte und kein Mitglied bin, sollte ich mir zu aller erst die Frage stellen, ob die Lebensmittel die ich abgeben möchte noch genießbar sind. Das bedeutet, sie keinen Schimmel haben oder schon faulig sind. Stell dir am besten die Frage, ob du es selbst noch essen würdest oder es einem Freund mit gutem Gewissen geben würdest.
Die nachfolgenden Dinge dürfen nicht in den Fairteiler: Hackfleisch, roher Fisch, Produkte aus nicht erhitzter Rohmilch, frisch zubereitete Speisen mit rohem Ei, Cremes, Pudding, Tiramisu, Mayonnaise (wenn selbstgemacht mit Ei und Milch), selbstgesammelte Pilze, Alkohol, alkoholhaltigen Lebensmittel (z.B Pralinen), Energy-Drinks, Lebensmitteln mit Schimmel oder faulen Stellen, Kühlwaren, bei denen die Kühlkette unterbrochen wurde.
Wenn du etwas Selbst gekocht hast (z.B. Marmelade), dann schreibe bitte darauf, wann du es gemacht hast und was genau drin ist.
Der Fairteiler ist ausschließlich für Lebensmittel geeignet! Nicht für Medikamente, Küchenutensilien wie Teller oder sonstige „non-Food“ Dinge.
Wie viele Mitglieder seid ihr momentan?
Jonas: Leider viel zu wenig. Momentan sind wir ca. 30 ehrenamtliche Mitglieder, die alle unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Es gibt zum einen die Foodsharer also jede Person, die einen Account auf der foodsharing-Plattform hat. Foodsharer dürfen:
- Essenskörbe auf der Plattform anbieten oder abholen
- bei Fairteilern Lebensmittel vorbeibringen oder abholen
- bei Events mitmachen oder teilnehmen
darüber hinaus haben sie keine weiteren Aufgaben.
Zum anderen gibt es noch die Foodsaver die die Märkte anfahren und die Lebensmittel abholen. Dazu ist eine zusätzliche Ausbildung erforderlich, da auch der Umgang mit Lebensmitteln gelernt sein muss. Um also ehrenamtlich überschüssige, aber noch genießbare Lebensmittel bei den kooperierenden Betrieben von foodsharing Lingen abzuholen und vor der unnötigen Entsorgung zu retten müsste man also Mitglied bei uns werden und ein kleines Quiz absolvieren. Das Quiz deckt Grundkenntnisse über foodsharing und Lebensmittel im Allgemeinen ab. Zusätzlich behandelt es typische Situationen bei der Abholung von Lebensmitteln. Alle benötigten Informationen zur Vorbereitung auf das Quiz sind im Wiki-Artikel Quiz verfügbar und hier verlinkt. Genauso findest du hier weitere Informationen zu den Foodsavern. Hier findest du ein Erklärvideo, indem du siehst, wie eine Abholung funktioniert.
Außerdem gibt es noch die Betriebsverantwortlichen, die dafür zuständig sind, die Kooperation mit einem Betrieb zu verwalten, von dem Lebensmittel gerettet werden. Häufig gibt es mehrere Betriebsverantwortliche für einen Betrieb, und es ist möglich, die Rolle des Betriebsverantwortlichen für mehrere Betriebe zu übernehmen. Sie fungieren als Hauptansprechpartner für den Betrieb sowie für alle Foodsaver innerhalb des entsprechenden Betriebsteams. Sie gewährleisten, dass alle Beteiligten, insbesondere aber der Betrieb selbst, zufrieden sind. Darüber hinaus verwalten sie die vereinbarten Abholtermine und stellen sicher, dass diese eingehalten werden. Weitere Informationen dazu hier.
Als Mitglied hast du bei uns mit der Zeit viele Möglichkeiten, die unterschiedlichsten Posten zu belegen. Manche davon sind auch mir mehr Verantwortung verbunden. Ich zum Beispiel bin mittlerweile Botschafter für foodsharing in Lingen. Ein Botschafter ist ein Repräsentant von foodsharing in seinem Bezirk (Stadt oder Region) und leitet diesen. Zu den Aufgaben gehört unter anderem die Einführung neuer Foodsaver, die Koordination der Betriebsverantwortlichen sowie das Organisieren von regelmäßigen Treffen. Alle weiteren Informationen rund um den Posten des Botschafters findest du hier.
Von welchen Betrieben bekommt ihr Lebensmittel?
Jonas: Wir holen regelmäßig Lebensmittel von der Kornblume in Lingen (Bio Laden) ab sowie beim Reform & Kräuterhaus Peter Kaune und vielen weiteren Märkten. Auch die Tafel hat ab und an Lebensmittel, die sie uns zur Abholung bereit legen. Die Tafel hat, ähnlich wie die Märkte von denen wir die Lebensmittel beziehen, strenge Auflagen und muss, auch wenn die Lebensmittel noch gut genießbar sind, diese leider wegschmeißen. Da kommen wir dann wieder ins Spiel und versuchen diesen Lebensmitteln eine zweite Chance zu geben. Hier ist es wichtig zu betonen, dass wir keine Konkurrenz der Tafel sind, sondern mit ihnen, wie in diesem Fall, zusammenarbeiten. Wir nehmen ihnen also nichts weg.
Na, Interesse mit zu machen?!
Dann schreib gerne über Instagram eine Nachricht an @foodsharing_lingen und komm zu unserem monatlichen Teamtreffen oder komm am 04.05.2024 ab 16 Uhr in den Bonikeller (Burgstraße 21c, 49808 Lingen) und mach mit bei der Schnippel-Party. Bei einer Schnippel-Party wird mit Lebensmittel gekocht, die gerettet wurden. Während guter Musik wird das Gemüse für das gemeinsame Essen geschnippelt.
Jonas: Wir beißen nicht, nur in Lebensmittel 😉
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