Nackte Wahrheit: In der Sauna bleibt die Schönheit draußen

Nackte Wahrheit: In der Sauna bleibt die Schönheit draußen

 Ich bin mit 30 Jahren das erste Mal in die Sauna gegangen. In meiner Jugend und in meinen 20ern hatte ich zu viele Befürchtungen, die vorrangig mit meinem eigenen Körpergefühl zu tun hatten.

Inzwischen weiß ich, dass die Sauna nicht nur physisch gesundheitsfördernd ist. 

Meine erste Sauna besuchte ich im kanadischen Wald beim Work&Travel. Sie war zu diesem Fluss ausgerichtet, der nach der Sauna für Abkühlung sorgte.

Deutsche lieben ihre Etikette

Das wissen auch 30 Millionen andere Deutsche, die regelmäßig in die Sauna gehen. Dabei ist es ihnen besonders wichtig, dass die Sauna-Etikette eingehalten wird. Quasi die einzige Anforderung des Sauna-Gangs, denn gemischtes Saunieren ist in Deutschland gängig. Es gibt zwar inzwischen stundenweise Angebote als Frauen- oder Männersauna, aber der Großteil der Saunierenden legt mit dem Bademantel auch die Scham vor den anderen Geschlechtern mit ab. 

Nicht umsonst ist der Freikörperkult (FKK) ein internationaler Begriff und wurde eine Lebensphilosophie, die Gesundheit, Entspannung und Enttabuisierung fördert. Mit dem Saunieren tritt man genau in diese Welt ein, in der Menschen miteinander etwas Gesundes und Entspannentes tun und dabei die uralte, biblisch-verurteilte Scham der Nackheit und die Zwänge der modernen Zeit bekämpft. Nicht umsonst meiden 30 % der Deutschen Orte, die Nackt-Sein beinhalten. 

Es ist endlich mal egal!

Die Welt des Saunierens erlaubt kein Handy, kein Ablenken, nur selten Gespräche, kein ungewolltes Anbaggern.

Menschen widmen sich ihrer Atmung, einem Buch oder der Begleitung – genau das, wofür im Alltag keine Zeit ist. Sauna-Gäste sind unverfälschte Menschen, die ihre vermeintlichen Makel offen tragen und in der Sauna ist es endlich mal egal.

Die Schönheit, die Idee von Schönheit, die Ansprüche an menschliche Körper – sie werden mit dem Handy im Schrank weggeschlossen und bedeuten in diesem Moment nichts. Dieses Ambiente macht Saunieren zu einem besonderen Event.

Ist die Sauna also nur ein temporärer Ausflug?

Saunieren prägt uns nachhaltig. Denn es ist ein Ort und eine Tätigkeit, die eine Normalität schafft, die sich sonst hinter Filtern und Kleidung versteckt. Der menschliche Körper wird im Alltag angeschaut, bewertet, verurteilt, sexualisiert – er ist niemals einfach nur da. 

Nackt-sein wird zu einem neutralem Phänomen

Menschen sind da.

Sie werden nicht bewertet, verurteilt und in den seltensten Fällen sexualisiert, denn die Sauna-Etikette muss gewahrt bleiben.

Die Sauna-Normalität zeigt unserem Gehirn, dass menschliche Körper vielfältig aussehen. Es zeigt

  • alte und junge Menschen,
  • kleine und große Menschen,
  • Frauen mit allen Brustformen und -größen,
  • Menschen mit verschiedenen Geschlechsteilen und ihre Vielftalt,
  • untrainierte und sportliche Menschen,
  • Menschen mit wenig oder viel Gewicht,
  • Menschen mit Narben, Leberfleckern, Verbrennungen oder Sommersprossen

– und alle sind nackt. 

Und plötzlich erscheinen mir meine eigenen Makel völlig belanglos

Jetzt bin ich 32 Jahre alt und gehe regelmäßig in die Sauna.

Jedes Mal freue ich mich wieder über die nackte Wahrheit, die ich dort realisiere und im Alltag immer wieder vergesse. 

„Schönheit“ hat hier keinen Platz, warum drängt sie sich denn sonst immer so auf? 

Du kannst es jetzt nicht erwarten, in die Sauna gehen? Das Linus Lingen lädt zum Weihnachtszauber im Saunagarten ein. Probier es doch mal aus!


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