Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum – die Nachhaltigkeit und der Weihnachtsbaum
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Überraschung! Menschen denken in Kategorien. Es macht das Leben so furchtbar einfach, wenn man Phänomene und Personen just in eine Schublade stecken kann, ohne weiter über sie nachzudenken. Und doch versuchen wir, das kategorisierende Klischeedenken zu bekämpfen. Klischees? Nicht mit uns! Nun überrollt die Weihnachtszeit die Gesellschaft mit einer Welle voller Klischees und Kitsch und ich persönlich bin an dieser Stelle mal ehrlich: Ich liebe es, mich in diesen glitzernd friedlichen Weihanchtszauber zu hüllen. Aber was steckt dahinter? Handelt es sich wirklich um die Rückbesinnung auf die wichtigen Werte im Leben oder eher um heuchlerisch scheinheilige Ausreden?
Zauber…
Es beginnt im September. Beim allwöchentlichen Schlendern durch den Supermarkt sehen wir das rot leuchtende Regal, das mit Spekulatius und Lebkuchen die Vorweihnachtszeit ankündigt. Wie jedes Jahr betrachten die einen das Regal mit einem Stirnrunzeln („Ist das nicht viel zu früh?!“), während andere mit einem Jubeln die ersten Windmühlen und Weihnachtsmänner in den Einkaufswagen legen. Mit der Zeit verwandelt sich das eine Regal in einen ganzen Stand. Die weihnachtliche Kommerzialisierung überschwemmt in den nächsten Wochen die Geschäfte. Fleißige Dekorateur:innen hängen Lichterketten auf, Verkäufer:innen ersetzen Herbstdeko durch bunte Weihnachtsdeko und Modegeschäfte statten Schaufensterpuppen mit den gruseligsten Weihnachts-Pullovern aus.
Im Oktober beginnen die kreativen Bastler:innen unter uns, Adventskalender für ihre Liebsten zusammenzustellen. Sie verpacken die kleinen Päckchen mit dem schönsten Geschenkpapier und versehen sie fröhlich mit passenden Zahlenstickern. Manche Familien beschließen, sich ab diesem Jahr einfach gar nichts mehr zu schenken. Denn, und Gott bewahre, warum sollte man sich auch extra Gedanken machen? In den letzten Jahren ist es am Ende sowieso auf die universelle Gutschein Lösung hinausgelaufen. Sich Mühe für die zu machen, die man liebt, wird ohnehin total überbewertet. Am Wichtigsten ist doch, dass an Heiligabend alle zusammen sind. Ob es sich hier um faule Ausreden handelt oder tatsächlich um die Rückbesinnung auf immaterielle Werte, das bleibe dahingestellt.
… oder Trugbild?
Es ist Anfang Dezember. Weihnachtsmärkte und (falsche) Tannenbäume bringen die Innenstädte zum Leuchten. Das Feierabendbier wird durch den Feierabendglühwein abgelöst und so finden die Menschen sich lachend mit Pommes Mayo in der einen und einem Glühli in der anderen Hand, an den Buden der Weihnachtsmärkte. Männer grölen Weihnachtslieder, während Frauen sich tuschelnd über die vermeintlich jedes Jahr steigenden Preise beschweren und Kinder in kleinen Fahrgeschäften lachend Runde um Runde im Kreis drehen.
Es ist Mitte Dezember. Die Stresskurve steigt. „Was wünscht du dir denn nun zu Weihnachten?“, heißt es zum 17. Mal. Und genau wie die 16 Male zuvor lautet die Antwort: „Also eigentlich habe ich alles…“. Männer hängen auf Befehl der Frauen auch im hintersten Winkel des Hauses noch die letzte Weihnachtsbeleuchtung auf, während die Frauen sich den Kopf zerbrechen, was es am heiligen Abend zu Essen geben soll.
Am 23. Dezember kaufen die Last-Minute-Käufer:innen hastig die letzen Geschenke ein. Die Supermärkte erleben in den nächsten 24 Stunden den großen Ansturm, den sie jedes Jahr auf’s neue fürchten. Denn am 23. und 24. Dezember fällt urplötzlich aller Welt ein, dass die Geschäfte am 25. und 26. Dezember geschlossen haben. Um nicht am Hungertuch nagen zu müssen, wird also doch noch ein letzter Großeinkauf veranstaltet.
Dann ist es so weit. Ruhe kehrt ein, die Straßen leeren sich. Familien, Paare und Freunde finden zusammen, singen Weihnachtslieder, essen, lachen und packen Geschenke aus. In Gemeindehäusern stellen Kinder das Krippenspiel nach, das von ihren Eltern mit begeistertem Applaus gewürdigt wird. Ein Chor singt in der Ferne „Stille Nacht, heilige Nacht“ und Gläubige finden sich in Kirchen zusammen, um Jesu Geburt zu feiern.
An den Feiertagen werden schließlich Familienmitglieder:innen in die Arme geschlossen, über die normalerweise nur gelästert wird. Streitereien werden in Schubladen gestopft, die nach Weihnachten schnell wieder geöffnet werden. Wir wollen ja nicht zu lange friedlich und besinnlich sein, oder?