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24. April 2024Wie wir endlich wirklich lernen wollen? Von Emotionen und Prokrastination
Wie geht eigentlich Motivation?
Eine Kolumne von Sarah Bernhard
In dieser Kolumne möchte ich euch nicht nur praktische Tipps an die Hand geben. Da ich bereits Lehramt studiert habe und mich in der Selbstrecherche viel mit Lernen und Psychologie beschäftigt habe, möchte ich euch auch Wissen um positive Lernarrangements vermitteln. (Meine Quellen nenne ich euch im Text und unten: mit einer VPN oder in der HS könnt ihr viele Quellen einfach runterladen)
Nachdem ich in der letzten Kolumne bereits über Prokrastination gesprochen habe, soll es jetzt darum gehen, warum wir eigentlich so oft nicht wollen. Denn wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, verbringen wir sehr gerne Zeit mit unserem inneren Schweinehund. Schließlich sind seine Aktivitäten viel spannender. Wir wollen gar nicht zur Vorlesung, die Vorlesung nacharbeiten oder gar für die Klausur lernen. Das ist eben das Studi-Leben! Oder?
Also warum wollen wir nicht lernen?
Ihr habt Angst vor der Prüfung?
Ihr ärgert euch über die Anforderungen in einem Modul?
Ihr schämt euch, dass ihr die Prüfung letztes Jahr nicht bestanden habt?
Ihr fühlt euch hoffnungslos, weil ihr den komplizierten Kram eh nicht versteht?
Ihr seid verwirrt, weil ihr der Vorlesung nicht folgen könnt?
Wer hätte mit diesen Aussichten schon Lust auf Lernen! All diese Aspekte haben eine Sache gemeinsam: sie werden von Emotionen geleitet.
Emotionen und Lernen (nach Pekrun 2018)
Es gibt positive und negative Emotionen. Beide können aktivierend oder deaktivierend sein. Beispielsweise könnt ihr so verärgert über eine*n Prof sein, über ein bestimmtes Modul, dass die Wut eure Leistung und Lernmotivation steigert: also durch eine aktivierend-negative Emotion. Andererseits könnt ihr so erleichtert über eine bestandene Prüfung sein, dass ihr erstmal keine Lust mehr aufs Lernen seid: also durch eine deaktivierend-positive Emotion.
Emotionen können uns so sehr beanspruchen, dass wir keine Ressourcen mehr fürs Lernen haben. Das können sowohl die positiven und negativen Emotionen sein. In Bezug auf unsere Aufmerksamkeit belegen Studien, dass negative Emotionen unsere Aufmerksamkeit reduzieren. Somit fördern positive Emotionen unsere Aufmerksamkeit. So können wir z. B. einen Lernflow erleben: laut Csikszentmihalyi gehen wir völlig in einer Aufgabe auf und sind uns der Aufgaben zwar bewusst aber nicht uns selbst. (Der Flow ist übrigens die Vorlage für die Zone bei dem Pixar-Film Soul)
Für unsere Lernstrategien und Selbstregulation können wir sowohl negative als auch positive Emotionen nutzen. Klingt verrückt oder?
Mit unseren positiven Emotionen können wir ganzheitlich, flexibel und kreativ denken, weil sie uns signalisieren, dass wir sicher sind. Unsere negativen Emotionen befähigen uns, detailorientiert und analytisch zu denken, weil sie uns zeigen, dass wir vorsichtig sein sollen. Besonders die positiven Emotionen können unsere Selbstregulation fördern; mit negativen Emotionen neigen wir dazu, uns auf externe Personen für Struktur zu verlassen.
Wie oben erwähnt, kann Ärger euch auch motivieren. Allerdings nur, wenn ihr eine Aussicht auf Erfolg seht. Scham wird vor allem durch die Angst vor Misserfolg getrieben und hat mit einem negativen Selbstwert zu tun. Scham kann dann aktivierend fürs Lernen sein, wenn ihr überzeugt seid, dass ihr euer Leistungsziel erreichen könnt. Verwirrung kann euch nutzen, um eine Sache zu verstehen. Das kann bei geringen Aussichten auf Erfolg aber in Frustration und Resignation enden.
Zu guter Letzt: nutzt positiv aktivierende Emotionen wie Freude und Neugierde, beugt negativen Emotionen vor und macht euch die aktivierenden negativen Emotionen möglichst produktiv zu Nutze.
Hier geht es weiter mit Lerntipps
Bevor du mit dem Lernen starten kannst, musst du vielleicht erstmal herausfinden, was dich davon abhält. Dafür möchte ich dir die E.T.W.A.S.-Methode von Guardian of Mind ans Herz legen.
Die einzelnen Buchstaben stehen für Ekel, Trauer, Wut, Angst und Scham. Ihr könnt für die einzelnen Emotionen überlegen, wie sie in Zusammenhang mit der Aufgabe stehen.
Wen oder was findet ihr eklig? Was macht euch traurig? Wer oder was macht euch wütend? Wurden eure Werte verletzt? Wovor habt ihr Angst? Was wäre das Schlimmste, was passieren kann? Weswegen schämt ihr euch?
Ja, ich möchte lernen!
Viel zu oft sagen wir uns selbst, dass wir etwas müssen. Ich muss Sport machen, ich muss gesund essen, ich muss lernen. Indem wir das Wort „müssen“ benutzen, signalisieren wir unserem Gehirn, dass uns etwas Äußeres dazu zwingt. Da beginnt unserer innerer Schweinehund sofort zu rebellieren.
Letztlich war es eure Entscheidung, ein Studium zu beginnen. Ihr habt euch entschieden, euch beim Hochschulsport anzumelden. Ihr habt euch entschieden, Süßigkeiten zu fasten. Das sind freie Wahlen, die ihr immer wieder trefft.
Und so könnt ihr euch selbst sagen: Ich will Sport machen, weil ich einen Ausgleich brauche. Ich will gesund essen, weil es mir nach Fast Food schlecht geht. Ich will lernen, weil ich mein Studium gut abschließen will.
Screenshot aus „Motiviert Studiert Teil 1: Motiviere deinen inneren Schweinehund“
Ihr habt Entscheidungen getroffen und arbeitet auf ein bestimmtes Ziel hin. Also benutzt nicht mehr das Wort „müssen“, dann klingen die Sätze gleich ganz anders.
Es muss nicht perfekt sein
Oft lassen wir uns vom Perfektionismus antreiben. Auch wenn euch dieser in ungeahnte Höhen katapultieren kann, so kann er euch auch unangenehm tief fallen lassen. Besonders kritisch wird es, wenn ihr euch nicht von einer Aufgabe lösen könnt, oder ihr panische Angst habt, Fehler zu machen. Es ist gefährlich, wenn eure Ansprüche an euch selbst und das Ergebnis extrem und unrealistisch hoch sind oder eure Noten nicht im Verhältnis zum Lernaufwand stehen.
Fehler sind normal und gehören dazu. Betrachtet sie als Lehrende für zukünftige Erfahrungen. Du darfst stolz auf dich sein. Es ist nicht tragisch eine Sache aufzugeben, wenn das Ziel unerreichbar ist.
Um deine Ansprüche einem Realitätscheck zu unterziehen, kannst du die SMART Methode nutzen:
Gestalte deine Ziele spezifisch, messbar, attraktiv/aktionsorientiert, realistisch und terminiert. Dazu wird es noch eine eigenen Kolumnenbeitrag geben.
Gamifiziertes Lernen
Mit Spielen könnt ihr euren inneren Schweinehund sehr gut motivieren. Sei es ein Wettbewerb unter Mitstudierenden: Wer zuerst aufs Handy schaut, gibt etwas aus.
Wichtig ist, dass ihr Spaß dabei habt und euch gegenseitig fordert.
Ihr könnt aber auch Apps nutzen, um euch selbst herauszufordern. Eine schöne und sogar nachhaltige Idee ist Forest. Mit neuer Lernzeit wächst euch Bäumchen und schließlich ein ganzer Wald. Forest bietet auch die Möglichkeiten, sich mit Freunden zu vernetzten. Diese sehen dann eure Lernzeit und euren Wald.
Auch die App Habitica ermöglicht Aufgaben des Alltags zu gamifizieren und das Ganze so spannender zu machen.
Jetzt kann es endlich losgehen mit dem Wollen und Spaß haben!
Meine Quellen sind:
Emotion, Lernen und Leistung von Reinhard Pekrun, 2018 (in Bildung und Emotion von Huber M, Krause)
Motiviert Studiert von Dr. Daniel Hunold und Dr. Mirjam Reiß
Dein Ad(H)S-Anti-Aufschieberitis Workbook von Kathatrina Schön (Guardian of Mind)